Ein internationales Team hat die erste große Datenerhebung über einen für Amphibien oftmals tödlichen Pilz in Asien abgeschlossen. Die in der Fachzeitschrift „PloS ONE“ veröffentlichte Untersuchung ergab, dass der Pilz auch in Asien vorkommt, allerdings in sehr viel geringerem Maße. Die Verteilung befallender Tiere lieferte den Forschern auch erste Anhaltspunkte zur Beantwortung der Fragen, warum der Chytrid-Pilz Batrachochytrium dendrobatidis Amphibien in so vielen Teilen der Welt ganz außergewöhnlich stark befallen hat – und warum es anscheinend keine Hinweise auf Populationsrückgänge und Aussterbeereignisse bei asiatischen Amphibien gibt.
Die in den letzten Jahrzehnten weltweit auftauchende Krankheit Chytridiomykose, die durch den Pilz Batrachochytrium dendrobatidis (Bd) ausgelöst wird, ist neben der fortschreitenden Habitatzerstörung eine der größten treibenden Kräfte für den Amphibienrückgang in Mittel-, Süd- und
Nordamerika, Australien sowie Europa. Der Erreger steht im Verdacht, die Hauptursache für das Verschwinden von mehr als 200 Arten zu sein. Zwischen 2001 und 2009 untersuchte das Forscherteam, darunter auch Dennis Rödder vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn, mehr als 3.000 Amphibien – meistens Frösche – aus 15 asiatischen Ländern: auf der Suche nach Spuren der Krankheit, die die Haut der Amphibien befällt.
„Die Amphibiendiversität in Asien ist sehr hoch und frühere Ergebnisse unserer Arbeitsgruppe legten bereits nahe, dass viele der Frösche, Kröten und Salamander möglicherweise durch Bd bedroht sein könnten“, erklärt Rödder. „Leider wissen wir bislang sehr wenig über den Pilz und seine Wirkung auf die Biodiversität Asiens.“
Befall in Asien nur punktuell
Die Ergebnisse zeigen, dass der Pilz an allen Untersuchungsorten nur wenige Tiere befallen hatte, er wurde bei nur 2,35 Prozent der Frösche nachgewiesen. Die Philippinen, Kirgistan, Laos, Indonesien, Malaysia und Südkorea waren im Untersuchungsgebiet die einzigen Länder mit Bd-positiven Amphibien. „Das Verbreitungsmuster des Chytrid-Pilzes in Asien ist sehr fleckenhaft- punktuell und, verglichen mit dem wellenähnlichen Auftauchen in anderen Teilen der Welt, außergewöhnlich“, erklärt Rödder.
Anzeichen für Koexistenz?
„Die neuen Ergebnisse könnten dahingehend interpretiert werden, dass sich Bd entweder erst seit kurzem in Asien ausbreitet, oder schon lange dort ist und die Amphibienfauna inzwischen gut angepasst ist oder auch, dass hochgradig anfällige Arten bereits ausgestorben sind.“ Alternativ wäre es ebenfalls möglich, dass ein anderer, bislang unbekannter Faktor Bd daran hindert „vollständig die Frösche Asiens zu befallen“, schreiben die Forscher.
Wegen der enorm großen geographischen Ausdehnung des Untersuchungsgebiets wurde jede Probennahmestelle lediglich einmal untersucht, und Langzeit- Beobachtungen fehlen fast vollständig, daher ist es schwierig zu entscheiden, ob sich Bd-Infektionen in den Ländern gerade ausbreiten oder bereits lange existieren. Wenn der Pilz in Asien schon lange Zeit etabliert ist, würden die Forscher gerne wissen, warum es den Amphibien dort gelungen ist, mit einem Pilz zu ko- existieren, der sich woanders als so zerstörerisch erwiesen hat. Es ist zum Beispiel möglich, dass asiatische Amphibien eine Art bakteriellen Schutz in ihrer Haut gegen Bd tragen.
Philippinische Arten am stärksten betroffen
Falls Asien gerade am Rande einer Chytrid-Epidemie steht, vermuten Rödder und Kollegen, dass diese auf den Philippinen beginnen wird. „Das Vorherrschen und die Intensität der Bd-Infektion ist hier weit höher als irgendwo anders in Asien“, postulieren sie. „Bd auf den Philippinen heute sieht aus wie die frühen Ausbrüche in Kalifornien und Süd- und Mittelamerika.“
„Die Studie hat starke Auswirkungen auf die Koordination zukünftiger Schutzbemühungen“, meint Rödder. „Die Möglichkeit einer weiteren Aussterbewelle, wie schon in Mittel- und Südamerika beobachtet, hebt die Notwendigkeit hervor, dem asiatischen Survey mit weiteren Monitoring Programmen zu folgen. Diese haben eine Schlüsselfunktion für Notfall- Reaktionen wie die Durchführung von Erhaltungszuchtprogrammen, die einige Arten vor dem Aussterben bewahren könnten.“ (PloS ONE, 2011; doi:10.1371/journal.pone.0023179)
(Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, 19.08.2011 – NPO)