Auch das vermeintlich gesunde Rindersteak oder das magere Schweinefilet können krankmachen: Amerikanische Forscher haben festgestellt, dass auch pures Fleisch von Rind, Schwein oder Lamm das Diabetes-Risiko deutlich erhöht. Bisher galten nur verarbeitete Fleischprodukte wie Wurst oder Schinken als krankheitsfördernd. Doch Langzeitstudien an insgesamt 440.000 Menschen belegen nun, dass rotes Fleisch offenbar grundsätzlich ungesund sein kann, egal ob gebraten oder roh, zu Wurst verarbeitet oder nicht, berichten die Forscher im Fachmagazin „American Journal of Clinical Nutrition“.
Weltweit sind mehr als 360 Millionen Menschen an Diabetes erkrankt. Die meisten von ihnen leiden am so genannten Typ-2 der Zuckerkrankheit, früher auch als Alters-Diabetes bekannt. Als Hauptrisikofaktoren dafür gelten Übergewicht, Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung. Bereits vor einigen Jahren stellten Forscher fest, dass Wurst, Schinken und andere Produkte aus rotem Fleisch das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen deutlich erhöhen. Widersprüchlich blieben die Ergebnisse dagegen für unbehandeltes rotes Fleisch. Noch 2010 konnten auch die Harvard-Forscher um Pan hier keinen Zusammenhang zu Diabetes feststellen. Die krankheitsfördernde Wirkung von Steaks oder Filet zeigte sich erst in der deutlich umfangreicheren aktuellen Untersuchung.
Für ihre Studie werteten die Forscher der Harvard School of Public Health die über 14 bis 28 Jahre regelmäßig erhobenen Fragebögen und Gesundheitsdaten von gut 37.000 Männern und mehr als 160.000 Frauen aus. Zusätzlich führten sie eine Metanalyse aller bestehenden Langzeitstudien zu dieser Frage durch. Sie schloss insgesamt 442.101 Teilnehmer beider Geschlechter ein. Damit ist diese Studie die bisher umfangreichste und längste zu diesem Thema.
Ein Steak am Tag ist bereits ungesund
Das Ergebnis: Schon ein tägliches 100-Gramm Steak bewirke eine Erhöhung des Risikos um ein Fünftel. Das sei deutlich mehr als bisher angenommen und widerlege bisherige Annahmen, nach denen nur weiterverarbeitetes rotes Fleisch wegen des hohen Salz- und Nitritgehalts schädlich sein sollte. „Unsere Studie belegt klar, dass sowohl prozessiertes als auch unverarbeitetes rotes Fleisch mit einem erhöhten Risiko für Diabetes Typ 2 in Verbindung steht“, sagt Studienleiter An Pan von der Harvard School of Public Health.
Zum ersten Mal ermittelten die Forscher auch genauer die Risiko-senkende Wirkung gesunder Ernährung: Ersetzten Probanden das rote Fleisch durch eine Handvoll Nüsse, reduzierte sich ihr Diabetesrisiko um 21 Prozent, berichten Pan und seine Kollegen. Vollkornprodukte bewirkten eine Reduktion von 23 Prozent.
Es sei daher wichtig, die offiziellen Ernährungsempfehlungen entsprechend anzupassen. So stehe in den Richtlinien der US-Behörden von 2010 rotes Fleisch noch immer in einer Gruppe mit Fisch und Sojaprodukten und anderen als gesund eingestuften Nahrungsmitteln. Die Wissenschaftler raten dazu, Schinken, Wurst oder Braten so oft wie möglich durch Nüsse, Vollkornprodukte oder Fisch zu ersetzen, um das Diabetes-Risiko gering zu halten. „Die Ergebnisse dieser Studie haben große Bedeutung für die öffentliche Gesundheit, betrachtet man die Epidemie-artige Zunahme von Diabetes Typ 2 und den steigenden Verzehr von rotem Fleisch weltweit“, sagen die Forscher.
(Harvard School of Public Health, 11.08.2011 – NPO)