Nanotechnologie

Mikrobe baut stromleitende Proteinnetze

Bakterienfäden erweisen sich als ähnlich gute Elektronenüberträger wie Metalle

Elektronenmikroskopische Aufnahme von Geobacter sulfurreducens mit umgebendem Proteinnetz © Anna Klimes, Ernie Carbone / UMass Amherst

Winzige stäbchenförmige Bakterien könnten zukünftig günstige Elektronikbauteile für Sensoren oder Chips im Nanomaßstab liefern. Denn die Mikroben produzieren Netze aus feinen Proteinfäden, die den elektrischen Strom erstaunlich gut leiten. Im Geegnsatz zu bisherigen Annahmen entspricht die Leitfähigkeit dieser Biofilme der von Metallen, berichtet ein Forscherteam im Fachmagazin „Nature Nanotechnology“. Diese Entdeckung könne daher die Nanotechnologie und Bioelektronik revolutionieren.

Das Bakterium Geobacter sulfurreducens braucht zum Überleben keinen Sauerstoff. Stattdessen gewinnt die Mikrobe ihre Energie, indem sie Metalle oder radioaktiven Abfall chemisch umbaut. Sie gilt daher als vielversprechender Helfer bei der Umweltsanierung. Für die chemische Wechselwirkung mit der Umwelt nutzt das Bakterium seine Proteinfäden. Die einzelnen Fäden dieser Biofilme sind einige Mikrometer lang, aber nur 3 bis 5 Nanometer dick. Damit sind sie zehntausendfach dünner als ein menschliches Haar.

„Geobacter atmet mit seinen Nanodrähten ähnlich wie wir durch einen zehn Kilometer langen Schnorchel“, erklärt Nikhil Malvankar von der University of Massachusetts. Transportiert wird dabei allerdings kein Sauerstoff, sondern Elektronen. Wie leistungsfähig diese Übertragung ist, hat sein Team aus Mikrobiologen und Physikern nun im Experiment erstmals belegt.

Biofilm überbrückt Lücke zwischen Elektroden

In ihren Versuchen züchteten die Forscher Biofilme aus vernetzten Bakterien zwischen zwei Elektroden. Der Strom floss durch das mikrobielle Proteinnetz und überwand so die Lücke. Ergänzt durch eine dritte Elektrode fungierte der Biofilm sogar als biologischer Transistor. Ein per Genmanipulation seiner Fäden beraubter Bakterienstamm erwies sich dagegen als nicht-leitend.

Entgegen bisherigen Annahmen seien die Elektronen beim Transport nicht von Stopp zu Stopp weitergereicht worden, berichten die Forscher. Stattdessen habe eine echte Leitung vergleichbar der in einem Metall stattgefunden. „Diese mikrobiellen Nanodrähte bewegen Ladungen genauso effizient wie künstliche Nanostrukturen aus metallisch-organischen Verbindungen“, berichten die Wissenschaftler. Das sei überraschend, da Proteine bisher als nichtleitend galten. Im Experiment leiteten nun Netze aus Proteinfäden den Strom über Strecken von mehreren Zentimetern. Dies entspricht weit mehr als der tausendfachen Länge der einzelnen Bakterien.

„Im Prinzip machen wir Elektronik aus Essig – viel billiger kann es nicht werden“, sagt Mark Tuominen von der University of Massachusetts in Amherst. Zudem ließe sich die Leitfähigkeit der Bakterien-Fäden gezielt für bestimmte Anwendungen „maßschneidern“. Eine Änderung der Temperatur oder der Genexpression der Mikrobe reiche aus, um die Übertragungseigenschaften der Biofilme anzupassen. „Wir können nun eine ganze Reihe von neuen, leitfähigen Nanomaterialien erforschen, die lebendig und ungiftig sind, natürlich vorkommen, und einfacher und günstiger herzustellen sind als menschengemachte“, sagen die Forscher. Auch die Verknüpfung von technischen Komponenten mit biologischen Systemen sei mit den bakteriellen Biofilmen leichter möglich als bisher. (Nature Nanotechnology, 2011; DOI: 10.1038/NNANO.2011.119)

(UMass Amherst / Nature Nanotechnology / dapd, 08.08.2011 – NPO)

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