Potsdamer Wissenschaftler haben weitere bisher verborgene kosmische Nachbarn aufgespürt: Zwei braune Zwerge im Abstand von ungefähr 15 und 18 Lichtjahren von der Sonne. Zum Vergleich: Der sonnennächste Stern, Proxima, befindet sich im Abstand von etwas mehr als vier Lichtjahren von unserem Heimatstern.
Die beiden nächsten bekannten braunen Zwerge, epsilon Indi Ba und Bb, die vor wenigen Jahren ebenfalls am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) aufgespürt wurden, sind etwas weniger als zwölf Lichtjahre entfernt.
Entdeckung beruht auf Daten des WISE-Satelliten
Für ihre Entdeckung nutzten Ralf-Dieter Scholz und seine Kollegen vom AIP die erst kürzlich veröffentlichten Daten des NASA-Satelliten WISE – Wide- field Infrared Survey Explorer. Die beiden neuen Nachbarn der Sonne, mit den Namen WISE J0254+0223 und WISE J1741+2553, fielen den Astronomen durch den extremen Kontrast zwischen ihrer starken Helligkeit im Infrarotlicht und ihrer kaum noch sichtbaren Erscheinung im optischen Licht auf.
Außerdem zeigen beide Objekte eine große scheinbare Bewegung am Himmel (Eigenbewegung), das heißt ihre Positionen sind gegenüber früheren Aufnahmen stark verschoben. Dies deutete den Forschern zufolge auf ihre unmittelbare Nähe hin, die durch den Vergleich ihrer Farben und Helligkeiten mit anderen Objekten bestätigt wurde.
Spektraltyp und Entfernung genauer bestimmt
Das hellere Objekt war zum Zeitpunkt der Entdeckung gerade am Nachthimmel sichtbar, so dass das AIP-Team mit Hilfe von Beobachtungen am Large Binocular Telescope (LBT) im US-Bundesstaat Arizona den Spektraltyp und die Entfernung noch genauer bestimmen konnte. Beide Objekte gehören zu den kühlsten Vertretern der braunen Zwerge vom T-Spektraltyp, an der Schwelle zum vorausgesagten aber noch nicht entdeckten ultrakühlen Y-Typ.
Astronomen bezeichnen Braune Zwerge auch als „misslungene Sterne“, da sie bei ihrer Entstehung nicht genug Masse ansammeln konnten, um den natürlichen Kernfusionsreaktor in ihrem Innern zu zünden, der die langlebige Energiequelle der Sterne ist. Deshalb verlieren braune Zwerge mit der Zeit stark an Helligkeit.
Weniger als Backofentemperatur
Die Wissenschaftler vermuten, dass die meisten braunen Zwerge nur noch Oberflächentemperaturen aufweisen, die unter der „Backofentemperatur“ von etwa 500 Kelvin – etwa 230 Grad Celsius – liegen und eventuell sogar mit der Temperatur an der Erdoberfläche vergleichbar sind. Die Fahndung nach diesen verborgenen Nachbarn der Sonne läuft gegenwärtig auf Hochtouren.
Es ist nach Ansicht der Forscher nicht ausgeschlossen, dass uns ultrakühle braune Zwerge in ähnlich großer Zahl wie Sterne umgeben, und unser tatsächlich nächster Nachbar nicht Proxima sondern ein brauner Zwerg ist.
(Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam, 15.07.2011 – DLO)