Geowissen

Wie verändert sich der Arktische Ozean?

Polarstern startet zu Expedition ins Nordpolarmeer

FS Polarstern im Fjord Longyeardalen (Spitzbergen) - im Hintergrund der Ort Longyearbyen. © Mascha Wurst / Alfred-Wegener-Institut

Das Forschungsschiff Polarstern vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) bricht heute zu seiner 26. Arktis-Expedition auf. Über 130 Wissenschaftler aus sechs Ländern wollen im Rahmen der fast viermonatigen Fahrt eine Fülle an neuen Daten über den Arktischen Ozean gewinnen.

Zunächst erforschen Ozeanographen und Biologen dabei an Langzeitstationen, wie sich Meeresströmungen sowie Tier- und Pflanzenwelt zwischen Spitzbergen und Grönland verändern. Ab August sollen in der Zentralarktis physikalische, biologische und chemische Veränderungen erfasst werden. Am 7. Oktober wird das Forschungsschiff dann in Bremerhaven zurück erwartet.

Erstes Ziel Framstraße

In der Framstraße zwischen Spitzbergen und Grönland zeichnen ozeanographische Messgeräte seit 14 Jahren kontinuierlich Temperatur, Salzgehalt, Strömungsgeschwindigkeit und -richtung auf. Bis in eine Tiefe von über 2.500 Metern reichen Verankerungen mit den Sensoren, die nach ein bis zwei Jahren ausgetauscht werden müssen.

Um diese stationären Messungen zu ergänzen, wollen die Forscher jetzt zusätzlich für drei Monate ein frei schwimmendes Gerät einsetzen. Der so genannte Seaglider taucht auf seiner Kurslinie bis in 1.000 Meter Tiefe ab, um Messungen durchzuführen. Zwischendurch kehrt er regelmäßig an die Oberfläche zurück, übermittelt die Daten via Satellit und erhält neue Positionsangaben. Die neuen Daten werden nach Angaben der Wissenschaftler zeigen, wie sich Wassermassen- und Wärmeaustausch zwischen dem Nordpolarmeer und dem Nordatlantik verändern.

Die Framstraße ist die einzige Tiefenwasserverbindung zwischen beiden Meeresgebieten und erlaubt daher Rückschlüsse auf den Einfluss der polaren Meeresgebiete auf den globalen Ozean.

AWI-HAUSGARTEN im Visier

Das zweite Untersuchungsgebiet ist der so genannte AWI-HAUSGARTEN. Er ist das nördlichste von insgesamt zehn Observatorien im europäischen Netzwerk ESONET – European Seafloor Observatory Network (Europäisches Netzwerk von Meeresbodenobservatorien). In diesem Tiefsee-Langzeitobservatorium des Alfred-Wegener-Instituts wollen Biologen erforschen, wie Organismengemeinschaften im Freiwasser und am Meeresboden der Tiefsee auf die fortschreitende Ozeanerwärmung reagieren.

Sie untersuchen dazu die physiologischen und ökologischen Belastungsgrenzen ausgewählter Arten. Daraus lassen sich den Forschern zufolge Rückschlüsse ziehen, ob Organismen beispielsweise steigende Temperaturen tolerieren können oder sich mit voranschreitender Erwärmung aus der Region zurückziehen.

Wiederaufnahme des autonomen Unterwasserfahrzeugs des Alfred-Wegener-Instituts nach erfolgreichem Untereis-Tauchgang. © Mascha Wurst / Alfred-Wegener-Institut

Mehrere Unterwasserfahrzeuge im Einsatz

Mithilfe eines ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugs des Kieler Meeresforschungsinstituts IFM-GEOMAR werden dazu am Grund der Tiefsee Experimente durchgeführt. Ein ebenfalls unbemanntes, aber autonom operierendes Unterwasserfahrzeug von knapp fünf Metern Länge wird dagegen in Wassertiefen bis etwa 600 Meter und dicht unter dem arktischen Meereis eingesetzt. Mit neu am AWI entwickelten Messinstrumenten erfasst es unter anderem die Verteilung einzelliger Algen und die Kohlendioxidkonzentration nahe der Wasseroberfläche.

Außerdem werden die Wissenschaftler Bodenproben aus einem Meeresgebiet nehmen, in dem Fischereiecholote kürzlich zahlreiche Gasfahnen registriert haben. Sie deuten darauf hin, dass westlich von Spitzbergen in Wassertiefen um 400 Meter enorme Mengen des klimarelevanten Treibhausgases Methan aus dem Meeresboden freigesetzt werden.

Kurs Nordpolarmeer

Ab Anfang August wird das Forschungsschiff Polarstern dann Kurs in Richtung Nordpolarmeer nehmen. In der Zentralarktis stehen physikalische, biologische und chemische Veränderungen im Fokus. Die abnehmende Meereisbedeckung des Arktischen Ozeans und eine veränderte Wasserzirkulation wirken sich auf Wärme- und Gasaustausch zwischen Ozean, Meereis und Atmosphäre aus. Diese Vorgänge sind wiederum eng verknüpft zum Beispiel mit Änderungen der Umsetzung von Kohlendioxid im Ozean, und sie verändern auch Ökosystem des Eises und in der gesamten Wassersäule.

Wasser- und Eisproben

Um diese Zusammenhänge besser zu verstehen, nehmen die Expeditionsteilnehmer Wasser- und Eisproben von den flachen Eurasischen Schelfmeeren bis ins tiefe Kanadische Becken und vom offenen Ozean bis ins Packeis. Zusätzlich bringen die Forscher Messgeräte aus, die mit Eisschollen monatelang durch die Arktis treiben und so wertvolle Daten aus diesem schwer erreichbaren Gebiet liefern sollen, die sie per Satellit an Land übermitteln.

Ein anschließender Vergleich der Daten mit Messungen von vorherigen Expeditionen soll aufzeigen, wie sich das Klima und der Ozean in der Arktis verändert haben. Um den weiteren Verlauf der Veränderungen kontinuierlich zu verfolgen, werden die Forscher zudem Messgeräte und Probennehmer verankern, die während einer weiteren Expedition in dieses Seegebiet im kommenden Jahr wieder aufgenommen werden sollen.

(Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, 15.06.2011 – DLO)

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