Wollmammut-Weibchen waren offenbar nicht wählerisch: Sie paarten sich auch mit den um rund ein Viertel größeren Männchen einer anderen Art, dem Kolumbianischen Mammut. Dass diese Verbindung fruchtbar war, belegt jetzt der Vergleich der mitochondrialen DNA zweier Mammutrelikte: Sie entlarvt eines der beiden fossilen Mammuts als Hybride beider Arten. Diese jetzt im Fachjournal „Genome Biology” veröffentlichte Erkenntnis zeigt, dass die Mammutarten trotz einer Million Jahre getrennter Evolution noch genetisch verwandt genug waren, um sich kreuzen zu können.
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Während der Eiszeiten waren Mammuts nahezu überall in Eurasien und Nordamerika verbreitet. Auf dem amerikanischen Kontinent lebten zwei Arten, das Wollmammut, Mammuthus primigenius, ein Bewohner der eisigen Tundren, und das in den südlichen Savannengebieten verbreitete, um rund ein Viertel größere Kolumbianische Mammut, Mammuthus columbi. Die Unterschiede zwischen beiden Arten galten lange Zeit als typische Anpassungen an ihren jeweiligen Lebensraum und als Beispiel für eine klassische Artbildung durch geografische Trennung.
„Wir reden hier über zwei physisch sehr unterschiedliche Arten“, erklärt Hendrik Poinar, Professor für Anthropologie und Biologie an der kanadischen McMaster Universität. „Das Kolumbianische Mammut stammt von bereits vor 1,5 Millionen Jahren nach Nordamerika eingewanderten Vertretern ab, das Wollmammut besiedelte den Kontinent dagegen erst vor 400.000 Jahren. Beide trennen daher rund eine Million Jahre Evolution.“
Mitochondriale DNA nahezu identisch
Eine Überraschung erlebte allerdings das internationale Forscherteam um Poinar, als sie das mitochondriale Genom beider Mammutarten verglichen. Für ihre erste komplette Sequenzierung der mitochondrialen DNA eines Kolumbianischen Mammuts nutzten sie Proben aus einem 11.000 Jahre alten, in Utah gefundenen Mammutrelikt, als Vergleich diente die mtDNA-Sequenz eines Wollmammuts. Die Auswertung ergab eine Basenabfolge, die für beide Mammutarten nahezu ununterscheidbar war. Muss nun die Mammutevolution neu geschrieben werden?
Das nicht, wie die Forscher betonen. Stattdessen halten sie es für wahrscheinlich, dass sich beide Arten trotz ihrer physischen Unterschiede noch fruchtbar paaren konnten. Das in Utah gefundene vermeintlich Kolumbianische Mammut könnte, so glauben sie, das Produkt einer solchen Paarung gewesen sein.
Kreuzung zwischen Arten noch möglich
„Wir vermuten, dass dieses Tier eine Hybride aus Wollmammut und Kolumbianischem gewesen ist“, erklärt Jacob Enk vom McMaster Zentrum für alte DNA. „Auch lebende Afrikanische Elefantenarten kreuzen sich dort, wo ihre Territorien überlappen, meist gewinnen die Männchen der größeren Art dann die Konkurrenz um Partner.“ Das führt dazu, dass die mitochondrialen Genome der kleineren Art im Genpool der größeren auftauchen, da die artfremden Weibchen sie quasi einschleppen.
„Als die eiszeitlichen Bedingungen zu hart wurden, wanderten die Wollmammuts wahrscheinlich nach Süden, wo die Bedingungen angenehmer waren. Dabei kamen sie irgendwann auch mit den Kolumbianischen Mammuts in Kontakt“, erklärt Poinar. „Da ihre Gebiete zeitweise überlappten, ist es wahrscheinlich, dass sie sich ähnlich verhielten wie die modernen Elefanten und daher auch ein ähnliches genetisches Signal hinterließen.“ Diese zwischenartlichen Kreuzungen könnten auch erklären, warum einige Mammutfossilien Merkmale aufweisen, die zwischen beiden Arten zu liegen scheinen.
Vergleich mit weiteren Exemplaren nötig
Den Beweis, dass das vermeintlich Kolumbianische Mammut aus Utah tatsächlich eine Hybride war, kann nur ein Vergleich mit der mitochondrialen DNA eines eindeutig Kolumbianischen Artgenossen liefern. Das allerdings ist eine echte Herausforderung, da wegen des wärmeren Klimas in den weiter südlich gelegenen Gebieten bisher nur wenige, sehr schlecht erhaltene Mammutrelikte gefunden wurden. Doch die Forscher hoffen, mit Hilfe der modernen Sequenzierungstechnologien auch winzigste vielleicht doch noch konservierte DNA-Spuren auslesen zu können. (Genome Biology, 2011; DOI: doi:10.1186/gb-2011-12-5-r51)
(McMaster University, 01.06.2011 – NPO)