Obwohl es auf dem Superkontinent Pangäa vor gut 200 Millionen Jahren kaum geografische Barrieren gab, lebten Reptilien und die Vorfahren der Säugetiere räumlich getrennt. Aber warum? Das haben jetzt amerikanische Forscher durch Analyse urzeitlicher Klimadaten und Fossilienfunde herausgefunden: Säugetiere verlieren über Kot und Urin mehr Wasser und sind daher weniger trockentolerant als Reptilien. Deshalb konzentrierten sie sich in Gebieten, in denen es zwei Regenzeiten pro Jahr gab, erklären die Wissenschaftler in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS).
Im späten Trias, in der Zeit vor 234 bis 209 Millionen Jahren, waren nahezu alle Landmassen der Erde in einem einzigen Superkontinent, Pangäa, vereint. Er bot seinen Bewohnern theoretisch freie Bahn für Wanderungen und Ausbreitung, denn Barrieren wie Meerengen, Gebirge oder Eiskappen gab es kaum. Dank der rund fünf bis 20-fach höheren Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre war das Klima nahezu überall warm bis heiß. Trotzdem aber waren die Tiere auf dem Riesenkontinent damals keineswegs gleichmäßig verteilt, wie jetzt amerikanische Forscher festgestellt haben.
Die Wissenschaftler um Jessica Whiteside, Geowissenschaftlerin an der amerikanischen Brown Universität, untersuchten und verglichen Fossilfunde einer im Trias verbreiteten Reptiliengruppe mit denen von Cynodonten, Vorformen der späteren Säugetiere. Dabei konzentrierten sich die Forscher auf Fundstellen, die im Trias auf einer Linie lagen, die sich im Zentrum Pangäas von rund drei Grad südlicher Breite bis in 26 Grad nördlicher Breite erstreckte. Diesen Faunenquerschnitt ergänzten die Wissenschaftler durch Klimadaten, gewonnen aus Seesedimenten und alten Riftzonen.
Räumliche Trennung von Reptilien und Säuger-Vorfahren
Die Auswertung ergab, dass die beiden Tiergruppen trotz scheinbar einheitlicher Bedingungen in deutlich voneinander getrennten Verbreitungsgebieten vorkamen: Die Reptilien lebten vor allem weiter nördlich, die Säugetiervorfahren dagegen in den Regionen nahe am Äquator. Was aber war die Ursache dieser säuberlichen Trennung? Geografische Hürden zwischen beiden gab es nicht – wohl aber klimatische, wie die Auswertung der Klimadaten enthüllte.
Demnach gab es auch in Pangäa durchaus deutliche regionale Unterschiede vor allem in Bezug auf die Niederschläge: In der tropischen Zone, dem Verbreitungsgebiet der Proto-Säugetiere, gab es zwei Mal im Jahr monsunähnliche Regenfälle. In den mittleren Breiten dagegen, dem Reptilienterritorium, gab es nur einmal im Jahr eine Regenzeit. Die Forscher führen diese klimatische Zonierung auf die so genannten Milanković-Zyklen zurück, Schwankungen im Sonneneinfall auf die Erdoberfläche, die durch periodische Veränderungen von Erdachsenneigung oder der Erdumlaufbahn entstehen.
„Entsorgungstechnik“ als entscheidender Faktor
Die klimatischen Unterschiede verhinderten eine Vermischung der Verbreitungsgebiete, die Reptilien benötigten offenbar deutlich weniger Feuchtigkeit als die Vorfahren der Säugetiere. Aber warum? Nach Ansicht der Forscher ist der Grund dafür ein entscheidender physiologischer Unterschied zwischen beiden Tiergruppen: Säugetiere geben den im Stoffwechsel anfallenden überschüssigen Stickstoff als Harnstoff über den Urin ab, verlieren dabei aber immer auch Wasser. Reptilien dagegen wandeln die aus dem Abbau von Proteinen übrigbleibenden Stickstoffverbindungen in die kaum wasserlösliche Harnsäure um. Diese kann als fester oder halbfester Kot abgegeben werden der wenig Wasser enthält.
„Es ist interessant, dass etwas so Grundlegendes wie die Art der ‚Abfallentsorgung‘ die Ausbreitung einer ganzen Tiergruppe beschränken kann“, so Whiteside. In den wasserarmen Gebieten hatten die Reptilien einen Konkurrenzvorteil gegenüber den Säugetier-Vorfahren, deshalb dominierten sie dort.
Klima allein reicht schon aus
„Wir haben damit eine Frage beantwortet, die schon auf Darwins Zeit zurückgeht: Was bestimmt, wo Organismen leben?”, erklärt Whiteside. „Selbst in einer Zeit von geringen Pol-zu-Pol-Gradienten, kaum Eis und fehlenden geografischen Barrieren, scheinen die Milankovic-Variabilität und das Klima im Allgemeinen ausreichend, um starke regionale Faunenunterschiede hervorzurufen.“
Diese Erkenntnis liefert auch wichtige Hinweise für die Zukunft in Zeiten des Klimawandels: Wenn die globale Erwärmung die Niederschlagsmuster verschiebt, könnte dies für verschiedenen Tiergruppe jeweils unterschiedliche Folgen haben. „Es gibt Belege dafür, dass der Klimawandel der letzten 100 Jahre bereits die Verteilung der Säugetierarten verändert hat“, berichtet Danielle Grogan. „Unsere Studie kann dazu beitragen, zukünftige negative Klimaeffekte auf Säugetiere vorherzusagen.“
(Brown University, 16.05.2011 – NPO)