Paläontologie

Artgenossen-Kampf im Urzeit-Meer

Ichthyosaurier-Fossil mit Bissspuren eines Artgenossen in Australien entdeckt

Rekonstruktion eines Platypterygius © Josh Lee (Adelaide)

Das Leben in den Ozeanen der Urzeit war alles andere als ein Ponyhof: Forscher haben tiefe Scharten auf dem Kieferknochen eines vor 120 Millionen Jahren lebenden Meeresreptils entdeckt. Sie zeigen, wie heftig der Kampf ums Überleben damals in den Polarmeeren tobte. Die Bissspuren stammen nicht von einem Fressfeind, sondern wahrscheinlich von einem Artgenossen, zugefügt im Kampf um Nahrung, Partner oder das Territorium.

Vor rund 120 Millionen Jahren waren Australien und die Antarktis noch verbunden und bildeten einen gemeinsamen Südkontinent. Der heute trocken-heiße Innenteil Australiens bildete damals den Grund eines riesigen polaren Inlandmeeres mit kaltem Wasser und sogar einigen Eisbergen. In diesem Flachmeer lebten in der Kreidezeit unter anderem Ichthyosaurier, Delfin-ähnliche Meeresreptilien, die sich von Fischen und Tintenfischähnlichen Tieren ernährten.

Bisspuren zeugen von Kampf um Nahrung, Partner oder Territorium

Jetzt hat ein Forscherteam der Universitäten von Adelaide in Australien und Uppsala in Schweden nahe der Stadt Marree in Zentralaustralien ein Fossil eines solchen Ichthyosauriers entdeckt, der an seinem Kieferknochen eine ganze Reihe von Bisspuren aufweist. Das rund fünf Meter lange Exemplar eines Platypterygius war mit seiner langen Schnauze und den mehr als 100 spitzen, krokodilartigen Zähnen alles andere als wehrlos. Doch die offenbar noch zu Lebzeiten des Tieres wieder verheilten Wunden zeugen davon, dass es mindestens einen heftigen Angriff abwehren musste.

Biss-Spuren eines Artgenossen am Kiefer des Ichthysauriers © Jo Bain, South Australian Museum

Aus dem engen Abstand der Zahnspuren und der Position der Wunden an der Schnauze des Ichthyosauriers schließen die Forscher, dass es sich hier nicht um einen Angriff eines Fressfeinds gehandelt haben kann. Auch die Abwehr eines Beutetiers halten sie für eher unwahrscheinlich. Die Spuren deuten stattdessen darauf hin, dass hier ein Kampf unter Artgenossen – um Nahrung, Paarungspartner oder das Territorium – stattgefunden haben muss. Bei solchen innerartlichen Kämpfen zielen auch heute viele Tierarten ihre Bisse auf die Kiefer und Schnauzenregion des Gegners, um diesen am Zurückbeißen zu hindern.

Einblick in Sozialverhalten und Lebenswelt polarer Ichthyosaurier

Die jetzt am Ichthyosaurier-Skelett entdeckten Bisspuren sind die ersten Hinweise darauf, dass solches Verhalten auch schon im Meer der Kreidezeit und bei den Ichthyosauriern vorgekommen sein könnte. „Pathologische Spuren auf fossilisierten Knochen und Zähnen geben uns einzigartige Einblicke in das Leben und das Sozialverhalten von ausgestorbenen Tieren“, erklärt Benjamin Kear, Paläontologe an der Universität Uppsala in Schweden. „Solche Funde hat es bei den Ichthyosauriern zuvor nur sehr selten gegeben.“ Die Details des Funds werden in der nächsten Ausgabe der Fachzeitschrift “Acta Palaeontologica Polonica“ veröffentlicht. (Acta Palaeontologica Polonica, 2011; doi:10.4202/app.2010.0117)

(Uppsala Universität, 09.05.2011 – NPO)

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