Die NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter hat in der Südpolregion des Mars ein Reservoir von gefrorenem Kohlendioxid entdeckt, dass 80 Prozent mehr CO2 enthält, als die gesamte heutige Marsatmosphäre. Dieser jetzt in „Science“ veröffentlichte Fund belegt erneut, dass der Rote Planet einst eine dichtere und damit wärmendere Atmosphäre besaß als heute.
Die Atmosphäre des Mars ist im Vergleich zu der dichten, feuchten Atmosphäre der Erde dünn und trocken. Sie besteht zu mehr als 95 Prozent aus Kohlendioxid. Doch das könnte einmal anders gewesen sein: Radarmessungen der NASA-Sonde Reconnaissance Orbiter haben eine große, im Untergrund begrabene Lagerstätte von gefrorenem CO2 nahe des marsianischen Südpols entdeckt. Die hier vorhandene Trockeneismenge umfasst ein Volumen von nahezu 12.000 Kubikkilometern und entspricht damit in etwa dem des Lake Superior in den USA.
Radarsignatur von gefrorenem Kohlendioxid
„Wir wussten bereits, dass es eine kleine ständige Kappe von Kohlendioxideis über dem Wassereis dort gibt, aber diese Lagerstätte im Untergrund enthält rund 30 Mal mehr Trockeneis als bisher angenommen“, erklärt Roger Phillips vom Southwest Research Institute in Boulder, Colorado. „Wir haben die Ablagerungen als Trockeneis identifiziert, indem wir feststellten, dass die Radarsignatur den charakteristischen Radiowellen-Emissionsmustern von gefrorenem Kohlendioxid weitaus besser entspricht als der von gefrorenem Wasser“, ergänzt sein Kollege Roberto Seu von der Sapienza Universität Rom. Zusätzliche Hinweise kamen aus dem Vergleich der sichtbaren Sublimationseigenschaften, die ebenfalls denen des Trockeneises entsprachen.
80 Prozent mehr Kohlendioxid als heutige Atmosphäre
Das Trockeneis-Depot enthält rund 80 Prozent mehr Kohlendioxid als die gesamte heutige Marsatmosphäre. Die Aufnahmen der Sonde zeigen zudem Einsturzkrater, die zusammen mit anderen Indizien darauf hindeuten, dass die Trockeneis-Lagerstätte sich in einer Phase des Schrumpfens und Ausgasens befindet. Das freiwerdende gasförmige CO2 könnte die Gasdichte der Atmosphäre allmählich erhöhen.
„Wenn man diese im Untergrund verborgenen Ablagerungen mit einrechnet, liegt das Kohlendioxid auf dem Mars zurzeit rund zur Hälfte gefroren und zur anderen Hälfte gasförmig in der Atmosphäre vor“, so Phillips. „Zu anderen Zeiten aber kann es auch fast ganz gefroren oder aber ganz in der Atmosphäre vorhanden sein.“
Ausgasung bei Neigungsänderung der Mars-Achse
Von der zurzeit um rund 25 Grad geneigten Rotationsachse des Mars ist bekannt, dass ihre Neigung im Rahmen der Präzession deutlich zu- oder abnehmen kann. Diese Bewegung wiederum kann die Gebiete am Mars-Südpol stärker der Sonne aussetzen und damit das Freiwerden von CO2 aus den gefrorenen Lagerstätten beschleunigen. Berechnungen zeigen, dass diese Achsenveränderungen innerhalb von nur 100.000 Jahren die CO2-Dichte der Mars-Atmosphäre um bis zu 75 Prozent erhöhen könnten. Eine höhere Konzentration atmosphärischen CO2s würde nicht nur die Existenz von flüssigem Wasser in bestimmten Gebieten der Oberfläche ermöglichen, sie könnte auch die Häufigkeit und Intensität von Stürmen deutlich erhöhen.
(NASA, 26.04.2011 – NPO)