Der Zufluss von heißem Magma, der den Yellowstone-Supervulkan versorgt, ist vermutlich größer als bisherige seismische Messungen zeigten. Die ersten großräumigen Aufnahmen der elektrischen Leitfähigkeit des Untergrunds zeigen, dass um den eigentlichen Plume mit Magma noch eine Hülle aus teilgeschmolzenem Gestein gemischt mit heißer Sole liegen könnte. Die demnächst in der Fachzeitschrift „Geophysical Research Letters” erscheinende Studie liefert damit erstmals einen “anderen” Blick auf die Vorgänge unter dem Supervulkan.
Unter dem Yellowstone-Nationalpark in den USA liegt ein vulkanischer Hotspot – ein Ort, an dem heißes Magma aus den Tiefen des Erdmantels bis in die Erdkruste hinauf steigt. Seit rund 17 Millionen Jahren ereigneten sich dort mehr als 140 Ausbrüche dieses Supervulkans, der letzte „Big One“ erfolgte vor rund 642.000 Jahren, kleinere Ausbrüche gab es noch vor 70.000 Jahren. Der abgeflachte Kopf des Yellowstone-Hotspots liegt rund 80 Kilometer unter der Erdoberfläche und breitet sich vermutlich etwa 480 Quadratmeter weit aus. Von ihm lösen sich immer wieder gewaltige Blasen von heißem, teilweise geschmolzenem Gestein ab und steigen weiter auf bis zur nur sechs bis 15 Kilometer unter der Oberfläche liegenden Magmenkammer.
Seismisches Bild zeigt schrägen Plume-Verlauf
Während jedoch die Form und Lage der Magmenkammer recht gut untersucht ist, gab es deutlich weniger Daten über den Hotspot selbst und darüber, wie genau das heiße Gestein vom Hotspot in die Kammer gelangt. Das bisher detaillierteste Bild des Gesteins-Zustroms in die Magmenkammer ermittelte der Geophysiker Robert B-Smith von der Universität von Utah im Jahr 2009 mit Hilfe seismischer Daten von Erdbeben. Da sich seismische Wellen durch heißes, geschmolzenes Gestein langsamer ausbreiten als durch kaltes festes, kann aus dem Vergleich der Ausbreitungs-Geschwindigkeiten ein dreidimensionales Bild der „heißen Zone“ gewonnen werden.
Dieses seismische „CT“-Bild des Hotspot-Plumes zeigt, dass sich das heiße Gebiet von Yellowstone aus in einem Winkel von rund 60 Grad nordwestwärts in die Tiefe zieht. Etwa 660 Kilometer unter der Oberfläche und 240 Kilometer nordwestlich von Yellowstone verliert sich die Spur des Hotspots, weiter reicht das „Sehvermögen“ der seismischen Bildgebung hier nicht.
Elektromagnetisches „CT“ aus magnetotellurischen Messungen
Jetzt hat ein Forscherteam um Smith und seinen Kollegen Michael Zhdanov, Professor für Geophysik an der Universität von Utah erneut ein Bild dieses Bereichs erstellt, diesmal jedoch mit Hilfe einer völlig anderen Technologie. Die Wissenschaftler nutzten magnetotellurische Daten, die im Rahmen des Projekts EarthScope gesammelt wurde, um den Verlauf des Hotspots zu modellieren. „Das ist wie der Vergleich von Ultraschall und Magnetresonanztomographie beim Menschen: Es sind einfach unterschiedliche Bildgebungs-Technologien“, erklärt Michael Zhdanov, Professor für Geophysik an der Universität von Utah. „Wir nutzen dabei magnetische und elektrische Felder, die an der Erdoberfläche aufgenommen werden, um daraus Informationen über die tiefen geologischen Strukturen der Erde zu gewinnen.“
Die von den Spezialinstrumenten aufgezeichneten elektromagnetischen Felder sind extrem niederfrequent und dringen hunderte von Kilometern in Erde ein. Je nach Leitfähigkeit des Untergrunds verändert sich ihr Muster. In Bereichen mit teilweise geschmolzenem Gestein mischen sich Schmelze und heißes, salzhaltiges Wasser und sind daher stark elektrisch leitfähig. Aus den Daten berechneten die Forscher ein Modell der Leitfähigkeitsverteilung.
Hülle aus heißer Sole um eigentlichen Plume?
Dieses mittel elektromagnetischen Messungen erstelltes 3D-Bild zeichnet ein leicht abweichendes Bild der Prozesse unter der Magmenkammer: Demnach verläuft der leitfähige und damit geschmolzene Teil des Plumes in einem 40 Grad-Winkel nach Westen und erstreckt sich rund 640 Kilometer von Ost nach West. Diese im Vergleich zu den seismischen Messungen geringere Neigung könnte nach Ansicht der Forscher darauf hindeuten, dass der eigentliche Plume von einer größeren Hülle aus teilweise geschmolzenem Gestein und heißer Sole umgeben ist.
„Es ist im geoelektrischen Bild größer. Daraus können wir schließen, dass es dort mehr Flüssigkeiten gibt als im siemischen Bild sichtbar wird“, erklärt Smith. Doch trotz der Unterschiede sehen die Forscher in den Ergebnissen keinen Widerspruch: „Dieser leitende Körper liegt in etwa in der Position und hat ähnliche Geometrie wie der seismisch abgebildete Yellowstone-Plume.“
(University of Utah, 12.04.2011 – NPO)