Evolution

Entstand der Homo sapiens im Süden Afrikas?

Buschmänner besitzen die höchste genetische Vielfalt der Menschheit

San-Buschmann in Namibia © Ian Beatty / CC-by-sa 2.0

Möglicherweise stand die Wiege des modernen Menschen nicht in Ostafrika, wie gedacht, sondern im Süden Afrikas. Eine genetische Vergleichsstudie enthüllt, dass die in Klicksprache sprechenden Jäger-und-Sammler der Kalahari die höchste genetische Vielfalt aller menschlichen Völker und Populationen besitzen. Das spricht dafür, dass die Verbreitung des Homo sapiens über die Erde in dieser Region begann. Damit wirft die jetzt in den „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS) erschienene Studie bisherige Vorstellungen über den Haufen und liefert wertvolle Einblicke in die menschliche Entwicklungsgeschichte.

Afrika gilt als die Wiege der Menschheit und auch als Ursprungsort des modernen Homo sapiens. Von hier aus breitete er sich vor mehr als 100.000 Jahren über die Erde aus. Hinweise darauf geben Funde der bisher ältesten bekannten Homo sapiens-Schädel, aber auch die Tatsache, dass die genetische Vielfalt des Menschen in Afrika noch heute höher ist als überall sonst in der Welt. Wo in Afrika aber der erste moderne Mensch entstand, ist bis heute unklar, zu dünn sind die Daten und zu komplex die Geschichte der verschiedenen Bevölkerungsgruppen auf diesem Kontinent.

Dank modernster genetischer Sequenzierungstechnik hat hier jetzt ein Forscherteam unter Leitung von Brenna Henn von der Stanford Universität einen ersten Durchbruch erzielt. In der umfangreichsten bisher durchgeführten Studie analysierten die Forscher die Verteilung von bestimmten Genkopien in 27 Populationen afrikanischer Volksstämme. Darunter waren einige der letzten verbliebenen Jäger-und–Sammler-Kulturen, wie die Klick-Sprache sprechenden Hadza und Sandawe in Tansania oder die Khomani-Buschmänner in Südafrika.

Genetische Vielfalt der Jäger-und-Sammler am größten

Die Auswertung von mehr als einer halben Million Genmarkern enthüllte, dass die noch heute existierenden Jäger-und-Sammler-Kulturen genetisch deutlich verschieden sind von den Bauernvölkern des Kontinents. Zum anderen aber zeigte sich, dass die Jäger-und-Sammler im Süden Afrikas eine genetische Vielfalt aufweisen, die größer ist als die jedes anderen afrikanischen Volksstamms. Besonders groß ist die Anzahl der unterschiedlichen Genkopien bei den in der Kalahari lebenden Buschmännern.

Grafische Darstellung der aus der Vielfalt der Genkopien geschlossenen vermutlichen Wanderungsbewegung des modernen Menschen. Die genetisch vielfältigsten und damit ältesten Populationen finden sich noch heute im Süden Afrikas. © Henn et al. / PNAS

Süden Afrikas als Wiege der modernen Menschheit

Bei Wanderungsbewegungen von Menschen oder Tieren zieht meist nur ein Teil der Populationen weg, die ziehende Gruppe bildet daher immer eine Untergruppe der Ursprungsbevölkerung. Ihre genetische Vielfalt ist niemals genauso hoch wie die der Ausgangspopulation. Und genau dies lässt nach Ansicht der Forscher im Falle Afrikas nur einen Schluss zu: Im Süden Afrikas befand sich einst die Wiege des modernen Menschen. „Die beobachteten Muster sind konsistent mit einer Entstehung des modernen Menschen im südlichen Afrika statt in Ostafrika, wie gemeinhin angenommen“, erklären die Forscher.

Vermutlich sind die Buschmänner dieser Regionen direkte Nachkommen dieses Ur-Homo sapiens, denn noch immer besitzen sie die höchste genetische Bandbreite aller heutigen Menschen. In den letzten 5.000 Jahren allerdings – auch das zeigt die Studie – ist ihre Zahl dramatisch geschrumpft. Die verbleibenden Populationen haben sich zudem zunehmend mit später eingewanderten Bauernvölkern gemischt.

(Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 08.03.2011 – NPO)

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