Zoologie

Auch Affen beherrschen das soziale Lachen

Schimpansen nutzen Lachen auch als soziales Werkzeug – ähnlich wie der Mensch

Lachendes Schimpansenkind © Universität Portsmouth

Auch unsere engsten Verwandten beherrschen das soziale Lachen: Schimpansen lachen mit ihren Spielgefährten, selbst wenn sie die Situation nicht unbedingt lustig finden. Das zeigen jetzt Videobeobachtungen an vier größeren Schimpansengruppen in Sambia. Diese ersten Beobachtungen eines sozialen Lachens enthüllen zudem, dass die Tiere dabei nicht einfach nur unbewusst die Mimik ihrer Spielgefährten nachahmen, sondern damit eine soziale Absicht verbinden.

Der Chef lacht über einen schlechten Witz – was tun? Sind Sie ein Angestellter, werden sie höchstwahrscheinlich mitlachen, aus Höflichkeit und um nicht negativ aufzufallen. Ähnlich verhalten Sie sich vermutlich, wenn Sie neu in eine Gruppe ihnen noch fremder Menschen kommen. Auch dann sind wir Menschen geneigt, im Zweifelsfall mitzulachen oder zumindest zu lächeln selbst wenn wir die Situation vielleicht gar nicht so lustig finden. Im Gegensatz zu dieser Vielfalt an Lachtypen und Einsatzformen wurde bei unseren nächsten Verwandten, den Menschenaffen, Lachen bisher nur in zwei Situationen beobachtet: beim Kitzeln und im Spiel.

Wann genau und wie das Spiellachen eingesetzt wird, hat jetzt ein Forscherteam unter Leitung von Marina Davila-Ross, Verhaltensbiologin der Universität von Portsmouth in England, genauer untersucht. Sie beobachteten 59 Schimpansen, die in vier Gruppen im Schimpansenrefugium Chimfunshi Wildlife Orphanage in Sambia lebten, über längere Zeit mit der Kamera. Zwei der Gruppen bestanden bereits seit 14 Jahren, die beiden anderen waren erst vor weniger als fünf Jahren neu zusammengestellt worden. Insgesamt nahmen die Forscher 500 Spielsituationen der Tiere auf.

Soziales Lachen auch bei Schimpansen

Die Auswertung zeigte, dass die Spielsituationen meist deutlich länger anhielten, wenn einer der jungen Schimpansen in das Lachen seines Spielgefährten einstimmte. Interessant dabei: Die Forscher fanden deutliche Unterschiede in der Dauer des Lachens, abhängig davon, ob es sich um ein spontanes Lachen handelte oder ein Mitlachen. „Wir haben bei dem reaktiven Lachen erstaunliche Ähnlichkeiten zum Höflichkeitslachen beim Menschen festgestellt“, erklärt Davila-Ross. „Beide sind kürzer als das spontane Lachen und beide sind darauf ausgerichtet, eine soziale Interaktion zu fördern.“

Marina Davila-Ross mit einem ausgewachsenen Schimpansen. © Universität Portsmouth

Häufiger Höflichkeitslachen in neuen Gruppen

Die jungen Schimpansen setzen das reaktive Lachen offenbar ein, um das Spiel mit ihren Gefährten zu verlängern – aber nicht nur: Die Wissenschaftler stellten auch deutliche Unterschiede in Bezug auf die Vertrautheit der Affen untereinander fest: „Ich habe nicht erwartet, solche prominenten Unterschiede zwischen dem spontanen und dem reaktiven Lachen bei Schimpansen zu finden“, erklärt Davila-Ross. „Meine größte Überraschung aber war es, dass die Tiere in neu zusammengestellten Gruppen ihre Spielgefährten weitaus häufiger nachmachten als diejenigen in etablierten Gruppen, wo sich die Schimpansen gut kannten. Das darauf hin, dass das Nachahmen des Lachens eine soziale Rolle bei der Stärkung der sozialen Bindungen spielt.“

Wichtiges Werkzeug emotionaler Intelligenz

Diese Entdeckung enthüllt nicht nur, dass Affen auch zu dieser bisher als typisch menschlich erachteten Form des Lachens fähig sein, sie zeigen auch darüber hinaus wichtige Ähnlichkeiten: „Menschen nutzen das Lachen eindeutig als wichtige Reaktion in einer ganzen Reihe von sozialen Situationen, aber auch Schimpansen setzen Lachen ein, um auf diese Weise zu reagieren. Sie ahmen dabei nicht nur einfach die Mimik ihrer Spielgefährten nach, sondern reagieren auf weitaus komplexere Weise, als wir bisher vermuteten.“

Nach Ansicht der Forscher eröffnet diese Verhaltensreaktion wichtige Vorteile in der sozialen Kommunikation und Kooperation – Qualitäten, die erklären könnten, warum Lachen und Lächeln zu wichtigen Werkzeugen in der emotionalen Intelligenz des Menschen geworden sind. „Vor mehr als fünf Millionen Jahren haben die Vorfahren von Menschenaffen und Menschen das Lachen als ehrliche soziale Reaktion entwickelt. Seitdem hat sich die Fähigkeit, dieses Lachen bewusst zu kontrollieren, drastisch verbessert“, so Davila-Ross. „Die Selektion könnte die Individuen begünstigt haben, die ihr Lachen in sozial vorteilhafter Weise einsetzen konnten.“

Ansteckendes Lachen ist (noch) menschliche Domäne

Einen klaren Unterschied zwischen beiden Gruppen gibt es allerdings doch noch: das ansteckende Lachen. Während wir Menschen schon unwillkürlich zu schmunzeln beginnen, wenn wir nur den Klang des Lachens anderer hören, funktioniert diese Form der „Ansteckung“ bei Menschenaffen nicht. Sie müssen immer auch Teil des Spiels sein, das Gelächter von anderen Affen in der Nähe beeinflusst sie nicht.

„Das Phänomen des durch das Lachen anderer ausgelösten Lachens scheint in der Primatenevolution tief verankert zu sein. Beim Menschen tritt diese Reaktion schon sehr früh in der Entwicklung auf“, so Davila-Ross. Ebenfalls rein menschlich scheint auch das völlig falsche Lächeln und Lachen zu sein, quasi das Lügen mit Mimik.

(Universität Portsmouth, 04.03.2011 – NPO)

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