Nanosilber ist keine neue Erfindung der Nanotechnologien, sondern bereits seit mehr als 100 Jahren in verschiedenen Produkten im Einsatz. Dies zeigt eine jetzt in der Fachzeitschrift „Environmental Science & Technology“ veröffentlichte Studie. Demnach wurden 1889 Silberpartikel mit einem Durchmesser von nur sieben bis neun Nanometer erwähnt. Schon damals wurde die antimikrobielle Wirkung der winzigen Silberteilchen genutzt, die als „kolloidales Silber“ bekannt waren.
Etliche Nanomaterialien stehen derzeit im Fokus der Öffentlichkeit. Besonders Silbernanopartikel werden sowohl von Wissenschaft als auch von Behörden detailliert untersucht. Zurzeit sind Hunderte von Produkten im Umlauf, die Silbernanopartikel enthalten, zum Beispiel Kosmetika, Lebensmittelverpackungen, Desinfektions- und Reinigungsmittel, aber auch antibakterielle Socken und Unterwäsche. Weltweit werden pro Jahr rund 320 Tonnen Nanosilber eingesetzt. Einiges davon gelangt über das Abwasser in den Wasserkreislauf.
Keine Erfindung des 21. Jahrhunderts
Doch das Nanosilber und seine Nutzung ist keine Erfindung des 21. Jahrhunderts, wie die Forscher Bernd Nowack und Harald Krug von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa herausgefunden haben. In ihrer in der Fachzeitschrift „Environmental Science & Technology“ veröffentlichten Studie berichten sie , dass bereits 1889 Silberpartikel mit einem Durchmesser von nur sieben bis neun Nanometer erwähnt wurden. Verwendet wurden diese in Heilmitteln oder in Bioziden, um das Wachstum von Bakterien auf Oberflächen zu vermeiden. Zum Beispiel in antibakteriellen Wasserfiltern oder in Algiziden für Swimmingpools.
Anderer Name, gleiches Material
Bekannt waren die Nanoteilchen als „kolloidales Silber“. Doch gemeint ist damals wie heute das Gleiche: extrem kleine Silberpartikel. Neu ist lediglich die Verwendung der Vorsilbe „Nano“. „Doch“, so Bernd Nowack, „Nano bedeutet weder, dass etwas neu, noch, dass es von vorneherein schädlich ist.“ Als das „kolloidale Silber“ in den 1920er-Jahren in großen Mengen auf den Markt kam, löste das zahlreiche Studien und entsprechende Regulierungen seitens der Behörden aus. Schon damals war den Entdeckern der Nanopartikel also deren Bedeutung und Wirkungsweise bewusst. „Das bedeutet aber nicht, dass die möglichen Auswirkungen der Nanopartikel auf Mensch und Umwelt verharmlost werden sollten“, sagt Nowack. Wichtig sei, die Materialeigenschaften von Nanosilber genau zu charakterisieren und nicht einfach die Vorbehalte gegenüber Nanosilber zu glauben.
Nanosilber wirkt anders als Silber
Unter Nanopartikeln sind Teilchen mit einer Größe von unter 100 Nanometer zu verstehen. Aufgrund ihrer extremen „Kleinheit“ besitzen Nanoteilchen andere Eigenschaften als größere Partikel desselben Materials. So weisen Nanopartikel pro Volumeneinheit eine viel größere Oberfläche auf. Dadurch sind sie beispielsweise häufig reaktiver. Nanosilber gibt zudem, bei geringerem Materialeinsatz, mehr Silberionen ab als solides Silber. Die gelösten Silberionen wirken auf Bakterien toxisch und töten diese ab. Ob Nanosilber ein Risiko für Mensch und Umwelt darstellt, ist Gegenstand von derzeit laufenden Untersuchungen.
Nanosilber in der Kläranlage
Welche Wirkung die Silberpartikel auf Flüsse, Böden und die darin lebenden Organismen haben, ist noch nicht im Detail geklärt. Ein jetzt in „Science“ erschienener Kommentar von Bernd Nowack diskutiert die Implikationen der neuesten Studien zu Nanosilber in Kläranlagen. Mehr als 90 Prozent wird gebunden und reichert sich im Klärschlamm in Form von Silbersulfid an. Dieses Silbersalz ist extrem schwerlöslich und um Größenordnungen weniger giftig als freie Silberionen. Dabei spielt die ursprüngliche Form des Silbers im Abwasser – ob als metallische Nanopartikel, ob gelöst als Silberionen oder als unlöslicher Silbersalzniederschlag – offenbar keine Rolle.
„Was die Umweltauswirkungen angeht, dürfte sich Nanosilber in Konsumgütern nicht von anderen Formen von Silber unterscheiden und für Ökosysteme nur ein geringes Problem darstellen“, sagt Nowack. Geklärt werden müsse aber noch, in welcher Form das nicht gebundene Silber im Abfluss der Kläranlagen vorliege und was mit dem Silbersulfid in natürlichen Gewässern geschehe, ob es etwa stabil ist oder wieder in andere Silberformen umgewandelt wird.
(Empa – Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, 28.01.2011 – NPO)