Salmonellen könnten zukünftig im Kampf gegen Krebs zu Verbündeten des Menschen werden. Denn die gefürchteten Krankheitserreger sind in der Lage, Tumorzellen abzutöten. Wie die Bakterien in Tumoren einwandern und diese zerstören haben Krebsforscher jetzt herausgefunden. Einen entscheidende Rolle spielt dafür das Immunsystem und spzielle Botenstoffe. Welche dies sind, muss nun noch genauer erforscht werden.
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Salmonellen haben einen schlechten Ruf: Sie vermehren sich ungehemmt in zu warm gelagerten Speisen und verursachen schwere Darmerkrankungen. Doch die Bakterien besitzen auch eine Eigenschaft, die sie für die Krebsforschung interessant macht: Sie können in einen Tumor einwandern und diesen für sie äußerst nährstoffreichen Ort besiedeln. Wie dies geschicht, haben Siegfried Weiß und seine Kollegen vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig herausgefunden: Das mit den Salmonellen einströmende Blut sammelt sich im kranken Gewebe und es bildet sich eine so genannte Nekrose. Der Tumor stirbt ab – und das Festmahl für die Bakterien beginnt.
Erreger lösen Alarm aus
Möglich wird der gesundheitliche Nutzen der Salmonellen durch die Unterstützung des Immunsystems: Sobald patrouillierende Abwehrzellen die Krankheitserreger entdecken, wird Alarm ausgelöst. Um andere Immunzellen an den Ort der Infektion zu locken, senden die Abwehrzellen bestimmte Botenstoffe aus. Diese sorgen jedoch auch dafür, dass die Blutgefäße eines Tumors durchlässig werden. Durch diese Lücke in der Verteidigung können die Bakterien in den Tumor einwandern und diesen abtöten.
Botenstoffe müssen noch bestimmt werden
Mit Hilfe welcher Botenstoffe sich die Bakterien Zutritt zum Tumor verschaffen, wollen die Forscher nun herausfinden. Vor diesem Hintergrund wollen sie zukünftig die Einwanderung der
Bakterien in das Krebsgewebe gezielt stimulieren. Für eine effiziente Therapie reicht die Gabe von Salmonellen allein jedoch ohnehin nicht aus. Denn die Bakterien fressen den Tumor nur von innen heraus auf, dessen äußere Randbereiche bleiben unbeeinträchtigt. Daher gehen die Wissenschaftler noch einen Schritt weiter:
„Genetisch veränderte Salmonellen könnten zudem einen Wirkstoff abgeben, der auch die restlichen Krebszellen schnell und effektiv zerstört“, erklärt Weiß. „Außerdem würde durch diese Methode das umliegende, gesunde Gewebe nicht geschädigt, wie es bei einer herkömmlichen Chemotherapie der Fall ist.“
Weitere Forschungsarbeit nötig
Noch handelt es sich bei den Versuchen der Arbeitsgruppe um Grundlagenforschung. Bis diese Erkenntnisse Krebs-Patienten zu Gute kommen, ist noch umfangreiche Forschungsarbeit nötig. Eine Krebs-Therapie mit aktiven Krankheitserregern war bislang undenkbar. Denn eine Infektion mit Salmonellen birgt ein hohes Risiko für den Patienten. Daher wollen die Wissenschaftler die Bakterien so abschwächen, dass sie zwar für die Krebs-Behandlung nutzbar werden – aber ohne eine gefährliche
Darminfektion auszulösen.
„Dass Tumoren von Bakterien angegriffen werden, ist schon länger bekannt. Doch dieses Phänomen aktiv zu nutzen, um die Heilungschancen von Krebs-Patienten zu verbessern, wäre ein großer Fortschritt in der Behandlung von Krebs“, erklärt Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe.
(Deutsche Krebshilfe, 26.01.2011 – NPO)