Sind Sie ein Profi oder Amateur? Zumindest bei Brettspielen beantwortet das Gehirn diese Frage, wie eine jetzt in „Science“ erschienene Studie zeigt. Sie belegt, dass beim Spielen von Shogi – einer japanischen Schach-Variante – nur bei den Profis eine zusätzliche Gehirnregion aktiv wird. Sie erlaubt vermutlich die bessere Mustererkennung und das intuitive und schnelle Wählen des optimalen nächsten Spielzugs.
Neurobiologen mögen Brettspiele – nicht weil sie so spannend sind, sondern weil sie sich bestens eignen, um Mechanismen des kognitiven Lernens zu studieren. Das japanische Brettspiel „Shogi“ ähnelt dem Schachspiel: Auch hier werden abwechselnd Figuren gezogen und es gilt, den gegnerischen König zu Fall zu bringen. Im Gegensatz zum Schach jedoch, können unter bestimmten Umständen einmal geschlagene Figuren wieder zurück ins Spiel gebracht werden, was das Spiel noch komplexer macht als Schach.
Was aber macht einen guten Shogi-Spieler aus? Ist es nur ein gutes Gedächtnis? Oder eine besondere Intuition? Was im Gehirn von professionellen und Amateur-Shogispielern vor sich geht, haben jetzt Forscher des RIKEN Brain Science Instituts in Japan untersucht. Xiaohong Wan und seine Kollegen setzten funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRI) ein, um die Gehirnaktivität der Shogi-Spieler zu analysieren. Als Profis galten dabei Spieler, die über mehrere Jahre lang mindestens drei bis vier Stunden täglich Shogi spielen.
Welcher nächste Zug ist der beste?
Den Probanden wurden dabei Bilder von Spielbrettern in unterschiedlichen Spielstadien gezeigt. In einem Experiment mussten die Spieler einen Button klicken, wenn sie glaubten die Lösung zu haben und dann den richtigen nächsten Zug in Multiple-Choice Grafiken auswählen. In einem weiteren Experiment sollten sie eine Auswahl unter hohem Zeitdruck treffen. Zusätzlich zu echten Spielständen wurden auch Spielpositionen gezeigt, die es im realen Spiel nicht gibt.
Die Auswertung der Bilddaten ergab, dass das Gehirn von Profis und Amateuren während des Spiels unterschiedlich arbeitet. Bei beiden Spielertypen zeigte sich zunächst eine starke Gehirnaktivität in einer Region des Scheitellappens, die für die Verarbeitung von visuell-räumlichen Bildinformationen und das Abrufen des episodischen Gedächtnisses zuständig ist. Von dieser Region ist bereits bekannt, dass sie auch beim Erinnern von Schachzügen eine wichtige Rolle spielt.
Nucleus caudatus nur bei Profis aktiv
Doch sobald die Entscheidung über den nächsten Zug unter Zeitdruck erfolgen musste, änderte sich das Bild: Bei den Profis kam nun eine weitere stark aktivierte Region im Gehirn dazu, der Nucleus caudatus. Dieses paarige Gebiet tief im Inneren des Gehirns ist unter anderem an zielgerichtetem Verhalten beteiligt. Bei den Amateuren blieb der Nucleus caudatus dagegen weitgehend inaktiv.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei den Profis der komplexe Prozess der Erkennung wichtiger Schlüsselpositionen und der Auswahl der optimalen Reaktion darauf teilweise automatisiert ist. Dafür, so postulieren die Autoren, sorgt die Verbindung zwischen Scheitellappen und Nucleus caudatus, die quasi eine „Überholspur“ für die Entscheidungsfindung darstellt.
Intuitives Spiel durch bessere Mustererkennung?
Tatsächlich berichten viele Shogi-Spieler, die intensiv über Jahre spielen, dass ihnen die besten Spielzüge nahezu intuitiv einfallen, ohne lange nachzudenken. Studien an Schachspielern ergaben wiederum, dass diese Art von Intuitions-basierten Entscheidungen auf einer besseren Fähigkeit zur Mustererkennung beruht. Wie sich diese Fähigkeit entwickelt und warum sie nur bei den Profi-Spielern auftritt, muss allerdings noch näher untersucht werden. (Science, 2011; DOI: 10.1126/science.1194732)
(Science / AAAS, 26.01.2011 – NPO)