Geowissen

Selbstreinigung der Atmosphäre besser als befürchtet

Konzentration der Schadstoff abbauenden Hydroxylradikale in der Luft weltweit stabil

Forscher Aidan Colton von der US-amerikanischen Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA nimmt eine Luftprobe in der Nähe des Mauna Loa Vulkans auf Hawaii © NOAA / James Elkins

Die Erdatmosphäre reagiert weniger empfindlich auf Schadstoffe, als einige Forscher bislang fürchteten. Das zeigt eine jetzt in „Science“ veröffentlichte Messung der Hydroxylradikale in der Atmosphäre. Sie zeigte, dass die Konzentration dieser für die Selbstreinigung entscheidenden Moleküle sehr stabil ist und kaum schwankt. Diese Erkenntnis beendet auch einen jahrelangen Wissenschaftsstreit beenden, in dem die Selbstreinigungskraft der Atmosphäre sehr kontrovers diskutiert wurde.

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Hydroxylradikale sind für die Selbstreinigungskraft der Atmosphäre von zentraler Bedeutung, da sie die Luft von vielen gefährlichen Schadstoffen befreien. Die aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom bestehenden Moleküle entstehen in erster Linie durch die vom Sonnenlicht ausgelöste Reaktion von Wassermolekülen und Ozon. In der Atmosphäre oxidieren die Hydroxylradikale Kohlenwasserstoffe, unter anderem das Treibhausgas Methan, und Abgase aus Industrie und Verkehr und machen sie damit wasserlöslicher, so dass sie abregnen können.

Starke Schwankungen durch variierende Methylchloroform-Emissionen

Jahrelang war unklar, wie gut die Atmosphäre tatsächlich auf diese Weise Schadstoffe oxidieren kann. Da die Radikale sehr kurzlebig sind, ist es schwierig, ihre Konzentration genau zu bestimmen. Deshalb wird stattdessen ein Molekül analysiert, das mit Hydroxylradikalen reagiert, aber deutlich langlebiger und einfacher zu messen ist: die Chemikalie Methylchloroform. Methylchloroform wurde bis Mitte der 1990er Jahre als Lösemittel in Farben, Klebstoffen und zur Reinigung verwendet. Bisherige Messungen ergaben stark variierende Schätzwerte, die andeuteten, dass die Selbstreinigungsfähigkeit der Atmosphäre sehr empfindlich auf Veränderungen der Atmosphäre reagiert.

Neue Messung profitiert von Emissionsstopp

Jetzt hat ein internationales Forscherteam um Wissenschaftler der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in den USA und des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz erneut Methylchloroforms vorgenommen und dabei davon profitiert, dass die Produktion dieses Lösungsmittels seit den 1900er Jahren verboten ist. Da die Forscher nun keine neuen Emissionen mehr berücksichtigen mussten, konnten sie von einem kontinuierlichen Abbau des vorhandenen Methylchloroforms ausgehen und die Hydroxylmenge in der Atmosphäre viel präziser ermitteln.

An neun verschiedenen Orten hat das Team von 1998 bis 2008 wöchentlich die Konzentration des Methylchloroforms gemessen, vor allem auf abgelegenen Inseln und Küstenstationen, wo die lokale Luftverschmutzung vernachlässigbar gering ist. Die Ergebnisse der Luftanalysen rechneten die Forscher in Modellierungen auf die globale Methylchloroform-Menge hoch.

Schwankungen nur um wenige Prozent

Das Ergebnis: Den neuen Messungen zufolge schwankt die weltweite Menge der Hydroxylradikale in der Luft von Jahr zu Jahr lediglich um wenige Prozent anstatt wie bisher angenommen um bis zu 25 Prozent. „Nun wissen wir, dass diese lebenswichtige Eigenschaft unserer Erdatmosphäre, sich selbst von Schadstoffen zu reinigen, recht stabil ist“, erklärt Steve Montzka, Erstautor der Studie und Forscher der Atmosphären- und Meeresforschungsbehörde der USA (NOAA).

„Unsere Ergebnisse machen die Vorhersagen des Klimas und der globalen Luftqualität zuverlässiger, weil wir die Zusammensetzung der Atmosphäre mit Computermodellen nun besser beschreiben können“, ergänzt Jos Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie und Initiator der Studie. „Aber auch wenn wir nun einen Grund zur Sorge um unsere Atmosphäre weniger haben, sollten wir dennoch alles dafür tun, den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen und Schadstoffen so weit wie möglich zu verringern. Nur so können wir unsere Atmosphäre schützen und weiteren Klimaveränderungen vorbeugen.“

(Max-Planck-Gesellschaft, 10.01.2011 – NPO)

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