Astronomie

„Unmögliche“ Amino-säuren in Meteorit entdeckt

Entstehung und Überdauerung der Lebensbausteine im Asteroid 2008 TC3 rätselhaft

Asteroidenkollision? © NASA, ESA, and D. Jewitt (UCLA)

Wissenschaftler haben Aminosäuren in einem Meteoriten nachgewiesen, die es eigentlich nicht geben dürfte. Denn der Asteroid 2008 TC3 wurde kurz vor seinem Absturz bei einer gewaltigen Kollision auf über 1.000 Grad erhitzt – alle organischen Moleküle müssten daher vernichtet worden sein. Wie aber bildeten sich dann die jetzt entdeckten Bausteine des Lebens? Die Nachweisdaten und eine Hypothese dazu stellen die Forscher jetzt in der Fachzeitschrift „Meteoritics and Planetary Science“ vor.

Aminosäuren, die Grundbausteine der Proteine, gelten als wichtige Voraussetzung für die Entstehung des Lebens auf der Erde. Einer Theorie nach gelangten die ersten Aminosäuren möglicherweise durch Meteoriteneinschläge auf die frühe Erde. Dafür spricht, dass inzwischen auch im Weltraum Aminosäuren entdeckt worden sind, unter anderem in Proben des Kometen Wild-2, die von der Stardust-Mission der NASA zurückgebracht worden waren und in einigen kohlenstoffreichen Meteoriten.

Kollision im All

Jetzt haben Forscher der NASA und der Scripps Institution of Oceanography an der Universität von Kalifornien in San Diego Aminosäuren auch in einer Meteoritenprobe entdeckt, die eigentlich absolut keine mehr enthalten dürfte. Im Oktober 2008 stürzten Fragmente des Asteroiden 2008 TC3 über der Wüste des Nordsudan ab. Der Asteroid war nicht nur der erste, der schon vor seinem Absturz intensiv beobachtet wurde, er erlebte auch kurz zuvor eine extrem heftige Kollision mit einem anderen Himmelskörper. Dabei wurden Asteroid und „Gegner“ extrem stark erhitzt – genügend, um beide quasi zu sterilisieren und alle organischen Moleküle zu zersetzen.

19 verschiedene Aminosäuren in Probe

Dennoch erklärten sich die NASA und Scripps-Forscher bereit, Proben des Meteoriten im Labor auf eventuelle Aminosäurereste hin zu analysieren. Zur großen Überraschung der Wissenschaftler entdeckten die extrem sensiblen Instrumente beider Labore in den Meteoritenproben tatsächlich winzige Mengen von gleich 19 verschiedenen Aminosäuren. Die Konzentrationen bewegten sich zwischen 0,5 und 149 parts per billion (ppb – Teilchen pro einer Milliarde).

Wie war das möglich? Eine nachträgliche Verunreinigung der Proben schlossen die Wissenschaftler aus, da alle gefundenen Aminosäuren zu gleichen Teilen aus der links- und der rechts-händigen Variante bestanden: Auf der Erde und in Organismen wird dagegen ausschließlich die linkshändige Form eingebaut. Theoretisch wäre es auch möglich, dass die Aminosäuren auf dem Ursprungsasteroiden unter kalten Bedingungen entstanden, und dann bei der Kollision auf den Meteoriten übertragen wurden.

Meteoritenüberrest © Peter Jenniskens

Entstehung unter eigentlich „unmöglichen“ Bedingungen?

Dass Aminosäuren die Hitze bei einem schrägen Einschlag oder einer Asteroidenkollision überstehen, haben Laborversuche von Jennifer Blank vom SETI-Institute bereits gezeigt. Doch die Bedingungen bei der Entstehung von 2008 TC3 waren deutlich ungünstiger: Die Temperaturen waren höher und dauerten länger an. „Dieser Meteorit entstand, als zwei Asteroiden kollidierten. Der Schock der Kollision erhitzte ihn auf mehr als 1.100 Grad Celsius, stark genug, um alle organischen Moleküle wie Aminosäuren zu zerstören”, erklärt Daniel Glavin vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt. Wie hoch die Temperaturen waren, zeigt der Nachweis bestimmter Minerale in den Proben, die nur bei sehr großer Hitze entstehen.

Alternativer Bildungsweg?

Offensichtlich entstand der Meteorit unter Bedingungen, die eine Bildung von Aminosäuren verhindert und bereits bestehende organische Moleküle eigentlich zerstört haben müsste: „Aber wir haben die Aminosäuren trotzdem gefunden“, so Glavin. „Sie in diesem Meteoritentyp zu finden deutet an, dass es mehr als einen Weg gibt um Aminosäuren im Weltall herzustellen.“

Nach Ansicht der Forscher gibt es daher möglicherweise noch einen alternativen Weg, wie Aminosäuren im All entstehen können. „Bisher dachten wir, der einfachste Weg, Aminosäuren in einem Asteroiden zu produzieren ist bei niedrigen Temperaturen und in Gegenwart von flüssigem Wasser“, erklärt Glavin. „Dieser Meteorit deutet aber darauf hin, dass es einen Weg gibt, der Reaktionen in Gasen beinhaltet, die beim Abkühlen eines sehr heißen Asteroiden ablaufen.“ Um herauszufinden, wie genau dies geschehen sein könnte, wollen die Wissenschaftler nun im Experiment verschiedene chemische Reaktionen in der Gasphase testen.

(NASA, 22.12.2010 – NPO)

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