Kündigt die Ausbildung eines Balkens das nahe Ende einer Spiralgalaxie an? Möglich wäre es, denn die bisher umfangreichste Klassifikation der Galaxienformen entdeckte mehr als doppelt so häufig Balkenspiralen unter den alten, rötlich leuchtenden Galaxien wie unter den jungen, bläulichen. Ob der Balken jedoch wirklich Ursache des Erlöschens ist oder aber nur ein Nebeneffekt, das ist noch unklar, wie Astronomen jetzt in den „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ berichten.
Die Mehrheit aller Sterne und Materie im Universum findet sich in Galaxien, Ansammlungen von hundert Millionen bis zu einer Millionen Milliarden Sternen. Die Form der Galaxien variiert dabei von unregelmäßig über elliptisch bis hin zu Spiralgalaxien. Rund die Hälfte der Spiralgalaxien, darunter auch unsere Milchstraße, besitzen einen Balken, eine lineare Struktur, die das Zentrum kreuzt und von der Arme ausgehen.
Diese Struktur bildet einen wichtigen Transportweg für Material in und aus dem Zentrum und trägt vermutlich zur Förderung der Sternenbildung bei. Möglicherweise liefert der Balken auch dem zentralen Schwarzen Loch, das in fast allen bekannten Galaxien vorhanden zu sein scheint, Materialnachschub. Doch gerade wegen ihres scheinbaren Nutzens ist die Frage bisher ungeklärt, warum einige Galaxien einen Balken besitzen, andere aber nicht.
Galaxienklassifikation dank freiwilliger Helfer
Jetzt jedoch hat ein Team von Astronomen unter Leitung von Karen Masters von der Universität von Portsmouth, unterstützt durch das „Galaxy Zoo Projekt“, eine mögliche Antwort darauf gefunden. Im Rahmen dieses Projekts haben freiwillige Helfer Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble gesichtet und die darin eingefangenen Galaxien nach ihrer Form klassifiziert. Auch die Information, ob ein Balken sichtbar ist oder nicht, gehörte jeweils zur Klassifikation dazu. Als Resultat stand den Astronomen für ihre Auswertungen damit die größte jemals für eine Studie herangezogene Stichprobe von Galaxienklassen zur Verfügung.
Doppelt so viele Balken bei roten Spiralen
Es zeigte sich, dass alte, rötlich leuchtende Spiralgalaxien mehr als doppelt so häufig Balken besaßen wie junge, bläulich leuchtende Spiralen mit noch intensiver Sternenbildung. Erlischt die Produktion neuer Sterne, bleiben nur die älteren, weniger heißen und damit rötlicher leuchtenden Sterne zurück und die Galaxie wird rot. „Schon seit einiger Zeit deuten die Daten daraufhin, dass Spiralen mit älteren Sternen wahrscheinlicher auch einen Balken besitzen“, erklärt Masters. „Aber erst mit dieser großen Anzahl an Klassifizierungen können wir die Ergebnisse als verlässlich ansehen.“
Ursache oder nur Nebeneffekt?
Nach Ansicht der Astronomen deutet die Korrelation von Balken und erloschener Sternenbildung daraufhin, dass die Balken möglicherweise eine wichtige Rolle für das Ende der aktiven „Sternenwiegen“ in den Spiralgalaxien spielen. Wie genau dies geschieht, ist allerdings noch unklar. „Es ist noch nicht klar, ob die Balken ein Nebeneffekt eines externen Prozesses sind, der Spiralgalaxien rot macht, oder ob sie alleine schon diese Umwandlung verursachen können“, so Masters. „Mit weiterer Arbeit am „Galaxy Zoo“-Datensatz sollten wir einer Antwort auf diese Frage aber näher kommen.“
Unmittelbar relevant könnten die neuen Erkenntnisse auch für unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, sein, denn auch sie gehört zu den Balkenspiralen, besitzt aber noch Sternenbildungsregionen. Das endgültige Ergebnis der „Balken“-Forschung könnte daher auch Auskunft über ihre Zukunft geben.
(Royal Astronomical Society (RAS), 11.11.2010 – NPO)