Paläontologen haben in Südchina das erste vollständige Skelett eines vor 200 Millionen Jahren lebenden Sauropoden entdeckt. Der neun Meter lange Yizhousaurus sunae ist der früheste Fund eines Vorfahren der gewaltigen pflanzenfressenden Riesendinosaurier wie Brachiosaurus oder Argentinosaurus. Das Skelett schließt eine große Lücke im Fossilienbestand und liefert wertvolle Informationen über die frühe Evolution der Sauropoden.
Die Sauropoden waren die größten landbewohnenden Tiere der Erdgeschichte. Die gewaltigen Pflanzenfresser, zu denen so bekannte Vertreter wie Brachiosaurus oder Diplodocus gehörten, hatten ihren Ursprung im Obertrias vor rund 228 Millionen Jahren und breiteten sich aus, bis sie vor 65 Millionen Jahren zusammen mit allen anderen Dinosauriern ausstarben. Über ihre frühe Evolution ist allerdings kaum etwas bekannt, da Fossilien dieser urzeitlichen Giganten eine Seltenheit sind. Vollständige Skelette der frühen Sauropoden lagen bisher nicht vor.
Jetzt jedoch haben Paläontologen um Sankar Chatterjee von der Texas Tech Universität erstmals das komplett erhaltene Skelett eines solchen Ursauropoden gefunden. Eingebettet in Sedimentgestein bei Lufeng in der südchinesischen Provinz Yunnan, ist der zu einer bisher unbekannten Art gehörende Saurier rund 200 Millionen Jahren alt und stammt damit genau aus der entscheidenden Phase der Sauropodenevolution.
Sauropodenmerkmale schon deutlich ausgeprägt
Gemessen an seinen bis zu 30 Meter langen und 70 Tonnen schweren Nachfahren ist der Yizhousaurus sunae getaufte Sauropode ein Winzling: Gerade einmal neun Meter misst das Skelett von Kopf bis Schwanzende. Trotzdem weist es bereits alle typischen Merkmale der späteren Sauropoden auf: Den Anfang eines langen Halses, einen robusten Knochenbau und eine vierbeinige Haltung. Zur großen Freude der Paläontologen ist auch der Kopf des Yizhousaurus komplett erhalten.
Der Schädel ist breit und hoch aufgewölbt, aber relativ kurz mit ungewöhnlich U-förmigen Kiefern. Die Augen des Sauriers lagen seitlich am Kopf, ähnlich denen vieler moderner Pflanzenfresser. Diese Anordnung eignet sich besonders gut dafür, die Umgebung zu überwachen und nach potenziellen Feinden Ausschau zu halten.
Gut angepasster Pflanzenfresser
Die Zähne sind gezackt und löffelförmig und greifen beim Schließen des Mauls wie die Schneiden einer Schere ineinander. Nach Ansicht der Forscher setzte Yizhousaurus sie vor allem ein, um Pflanzenmaterial abzubeißen. Dank seines kräftigen, aufgerichteten Halses konnte er dabei auch tieferhängende Äste von Bäumen erreichen und abweiden.
„Wenn das Pflanzenmaterial dann geschluckt war, sorgte eine gastrische Mühle im Magen für weitere mechanische Zerkleinerung der Pflanzen“, erklärt Chatterjee. Offensichtlich war das Tier bereits hervorragend daran angepasst, den Energiebedarf eines großen Körpers bestmöglich aus Pflanzennahrung zu decken.
Prosauropodenfunde am gleichen Ort
Aber nicht nur das Skelett selbst, auch sein Fundort geben den Forschern wertvolle Hinweise auf die Evolution der Sauropoden. Denn in der gleichen Region wurden bereits vor gut 50 Jahren die Relikte von Prosauropoden, den Vorgängern der eigentlichen Sauropoden, ausgegraben. Dass jetzt auch Yizhousaurus hier entdeckt wurde, passt nach Ansicht der Paläontologen bestens ins Bild der bisher nur theoretisch postulierten evolutionären Abläufe.
Mit dem neuen Fund erhärtet sich nun auch die Stellung der Prosauropoden im Stammbaum. „Der neue, Yizhousaurus, kann die Lücke schließen”, erklärt Chatterjee. Der Forscher präsentierte seine Entdeckung am 31. Oktober 2010 auf dem Jahrestreffen der Geological Society of America in Denver.
(Geological Society of America, 02.11.2010 – NPO)