Damit Gewebe fehlerfrei arbeiten und ihre Aufgaben im Körper erfüllen, ist die genaue Regulation ihrer inneren Ordnung nötig. Wissenschaftler haben jetzt den Mechanismus identifiziert, mit dem Hautzellen auf bestimmte Signale von außen ihre innere Architektur anpassen.
„Damit Zellen schnell auf Signale aus der Umgebung reagieren können, brauchen sie eine Art Straßennetz, mit dessen Hilfe sie Nachrichten an die richtigen Stellen in der Zelle transportieren“, erläutert Sara Wickström, Forscherin am Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie. Bei
Fehlern in dieser Maschinerie kann es zu Krankheiten wie Krebs kommen, so die Forscherin in der Fachzeitschrift „Developmental Cell“.
Wertvolle Mikrotubuli
Alle Gewebe, so auch die Haut, setzen sich aus verschiedenen Zellen zusammen, die miteinander und mit ihrer Umgebung in Kontakt stehen. Damit die Zellen effizient miteinander kommunizieren können, müssen Signale erzeugt und anschließend an die richtigen Stellen innerhalb der Zellen verschickt werden.
„Dafür nutzen Zellen ein intrazelluläres Straßennetz: die Mikrotubuli“, erklärt Wickström. Das macht es ihnen möglich, ihre Informationsübermittler – Proteine – effizient und haargenau zu spezialisierten Orten in den Zellen zu transportieren.
Dynamisches Straßennetz
Durch Untersuchungen an bestimmten Rezeptoren, so genannte Integrine, in der Außenhülle von Hautzellen konnte die Max-Planck-Forscherin zeigen, dass die Anordnung des zellulären Straßennetzes sehr dynamisch ist. Sie ändert sich auf ein Signal hin, das die Integrine aus der Umwelt empfangen. So gesteuert, können die Mikrotubuli die Nachrichten übermittelnden Proteine an die richtigen Orte in der Zelle liefern.
„Dies ist besonders wichtig in Geweben wie der Haut, deren oberste Zellen die erste Schicht zur Außenwelt darstellen“, sagt Wickström. „Diese Zellen brauchen eine ganz andere Proteinzusammensetzung, um ihre Funktionen zu gewährleisten, als die Hautzellen tieferer Schichten, die dem Inneren des Körpers zugewandt sind und ganz andere Funktionen haben.“
Komplexer Prozess
In Kooperation mit Matthias Mann von der Forschungsabteilung Proteomics und Signaltransduktion konnte die Max-Planck-Wissenschaftlerin gezielt Proteine identifizieren, die an diesem Prozess beteiligt sind. Mit der Expertise von Joachim Spatz vom MPI für Metallforschung in Stuttgart untersuchte sie zusätzlich die Rolle der Zellform bei der Regulation der Mikrotubuli.
„Der Prozess der Signalverarbeitung in der Zelle ist sehr komplex“, sagt Wickström. „Daher ist eine große Bandbreite an Methoden nötig, um ihn zu verstehen.“
Zellen verlieren ihre Haftung
Bei Krankheiten wie Krebs befreien sich die Zellen von den normalen Regulationsmechanismen, die die Steuersignale aus der Umwelt übermitteln. Sie verlieren die Zellhaftung, werden beweglicher und teilen sich unkontrolliert. Schon lange ist bekannt, dass in Tumorzellen die Anzahl der Integrine verändert und die Verteilung verschiedener anderer Proteine an der Zelloberfläche gestört ist.
In Zukunft möchte die Wissenschaftlerin untersuchen, ob solche strukturellen Veränderungen Krankheiten wie Krebs begünstigen, die während der natürlichen Alterung häufiger auftreten.
(idw – Max-Planck-Institut für Biochemie, 20.10.2010 – DLO)