Biologie

Nanopumpen lassen Zuckersaft fließen

Funktionsweise der pflanzlichen Saccharose-Transport-Moleküle aufgeklärt

Blatt der Pflanze Arabidopsis thaliana, in dem die Saccharose-Transporter zu sehen sind. Markiert wurden sie mit einem fluoreszierenden Protein. Die Transporter sitzen entlang der Leitbahnen, der so genannten Siebröhren, durch die zuckerhaltiger Saft fließt. © Dietmar Geiger

In den Pflanzen sorgt ein winziges Molekül dafür, dass der in den Blättern produzierte Zucker auch alle anderen Organe erreicht: der Saccharose-Transporter. Wie er genau funktioniert und wie erstaunlich leistungsfähig er ist, haben jetzt Forscher erstmals näher untersucht. Sie stellten unter anderem fest, dass ein einziger Transporter pro Sekunde bis zu 500 Zuckermoleküle durch die Zellmembran in die Leitbahnen pumpen kann. Die neuen Erkenntnisse können dazu beitragen, zukünftig landwirtschaftliche Nutzpflanzen zu optimieren.

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Der Zucker, den die Menschheit verbraucht, wird vorwiegend aus Zuckerrohr und Zuckerrüben gewonnen. Pflanzen produzieren den süßen und energiereichen Stoff bei ihrer Photosynthese in den Blättern. Von dort transportieren sie ihn in Form von Saccharose über die Leitbahnen auch in Wurzeln und Früchte. Wichtig für die Verteilung des Zuckers in der Pflanze ist ein zentrales Molekül, der so genannte Saccharose-Transporter. Er sitzt in den Zellmembranen der Leitbahnen und verbringt wahre Höchstleistungen. Wie gut diese sind, hat der Pflanzenphysiologe und Biophysiker Dietmar Geiger von der Universität Würzburg gemeinsam mit Kollegen aus Frankfurt und Genua an Saccharose-Transportern aus Maispflanzen erstmals gemessen

Froscheier als lebende Reagenzgläser

Gewonnen wurden die Erkenntnisse jedoch nicht mit Hilfe von Mais, sondern durch Eier des südafrikanischen Krallenfroschs: Die Forscher benutzten sie als lebende Reagenzgläser. Sie brachten das Gen für den Saccharose-Transporter in die Eier ein, wo daraus aktive Transporter produziert und in die Hüllmembran eingebaut wurden. „So wird das Transportprotein für biophysikalische Messungen zugänglich“, erklärt Geiger. Unter anderem haben die Wissenschaftler auf diese Weise erstmals demonstriert, dass ein Transportprotein unter physiologischen Bedingungen sowohl für die Beladung als auch für die Entladung der Leitbahnen zuständig sein kann.

500 Zuckermoleküle pro Sekunde

Ein einziger Transporter pumpt pro Sekunde bis zu 500 Saccharose-Moleküle durch die Zellmembran in die Leitbahnen. Dabei überwindet er einen großen Widerstand: Auch wenn die Leitbahnen schon prall mit Zucker gefüllt sind, kann er trotzdem noch mehr hineinschaffen – bis zu einer Konzentration nahe der Löslichkeitsgrenze der Saccharose. Vergleichbar ist diese Leistung mit der Anstrengung beim Aufpumpen eines Reifens: Je mehr Luft der Reifen enthält, umso schwerer geht das Pumpen.

Die starke Anhäufung von Zucker in den Leitbahnen lässt dort den Druck steigen. Gleichzeitig aber wird aus dem Leitungssystem auch Druckabgelassen: in den Geweben, die mit Zucker versorgt werden. Folge: Der Druckunterschied lässt den zuckerhaltigen Saft in der Pflanze dorthin fließen, wo Zucker verbraucht wird. „Wie beim Menschen das Herz für die Zirkulation des Blutes verantwortlich ist, so sorgen die Saccharose- Transporter bei der Pflanze dafür, dass der Zuckersaft fließt“, sagt Geiger. Er ist damit eine „reibungslos funktionierende Nano-Maschine“.

Fernziel: Optimierung landwirtschaftlicher Nutzpflanzen

„Fernziel unserer Arbeit ist es, die Verteilung und die Speicherung wichtiger Zuckerverbindungen in landwirtschaftlich genutzten Pflanzen zu optimieren“, sagt Geiger. Der Pilzbefall von Nutzpflanzen beispielsweise führe Jahr für Jahr zu erheblichen Ernteausfällen. Auch Pilze besitzen Saccharose-Transporter, mit denen sie Zucker aufnehmen – und die noch effizienter arbeiten als die der Pflanzen. Damit untergraben sie die Versorgung der Pflanze mit energiereichen Zuckerverbindungen.

„Eine Aufrüstung der Pflanzen mit ähnlich effizienten Saccharose- Transportern könnte den Kampf um die Zuckerressourcen zu Gunsten der Pflanze entscheiden und Ernteausfälle verringern“, so Geiger. Durch das Eingreifen in ein solches Zuckersensoriksystem könnte beispielsweise auch die Biomasseproduktion landwirtschaftlich genutzter Pflanzen gesteuert und gesteigert werden.

Geiger und seine Kollegen wollen das Räderwerk des Transporters mit neuen biophysikalischen Methoden weiter in seine Einzelteile zerlegen. Unter anderem planen sie, ein fluoreszierendes Molekül an eine Stelle des Transporters zu hängen, die sich während des Transportvorgangs bewegt. Über die Beobachtung der Fluoreszenz können sie dann „live“ dem Transporter bei der Arbeit zuschauen.

(Universität Würzburg, 15.10.2010 – NPO)

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