Physik

„Glassandwich“ hält Moleküle still

Elektrostatische Nano-Fallen überwinden Brownsche Molekularbewegung

Das schematische Bild zeigt das „Glassandwich“ mit einer glatten und einer mit Vertiefungen gravierten Glasscheibe. Zwischen den beiden Glasscheiben werden die Partikel durch ein elektrostatisches Feld in der Schwebe gehalten und über längere Zeit an Ort und Stelle fixiert. © Madhavi Krishnan / ETH Zürich

Moleküle stehen nicht still, dafür sorgt die Brownsche Molekularbewegung. Jetzt jedoch haben Wissenschaftler ein neues Verfahren entwickelt, um kleinste Partikel einer Flüssigkeit über beliebige Zeiträume still an einer Stelle zu halten. Die jetzt in „Nature“ vorgestellte kontaktfreie Fixierung ermöglicht es, Moleküle in Ruhe zu studieren und ist wesentlich einfacher als bisherige Verfahren dafür.

Auch wenn wir es mit dem bloßen Auge nicht wahrnehmen, sind in Flüssigkeiten gelöste Teilchen ständig in Bewegung. Das Phänomen wird als „Brownsche Molekularbewegung“ bezeichnet. „Überall dort, wo wir jedoch einzelne kleinste Moleküle, deren Interaktionen und Eigenschaften beschreiben möchten, oder Moleküle kontrolliert miteinander reagieren lassen wollen, muss die Brownsche Bewegung überwunden werden“, erklärt Madhavi Krishnan, Forscherin am Laboratorium für Physikalische Chemie der ETH Zürich.

Glassandwich im Nanometer-Maßstab

Krishnan hat nun zusammen mit ihren Kollegen ein einfaches Verfahren entwickelt und vorstellt, mit dem es ihnen gelang, Partikel in einer Größenordnung von zehn bis rund hundert Nanometern über längere Zeit an einem Ort festzuhalten. Die Wissenschaftler fertigten hierfür eine Art Glassandwich im Nanometer-Maßstab an, in das sie in Wasser gelöste winzige Gold-Partikel, Polymerkügelchen oder Fettbläschen einbrachten. Eines der Glasplättchen war dabei von feinsten kreisrunden Vertiefungen im Maßstab von ungefähr hundert Nanometern durchzogen. Mit Hilfe dieser winzigen Vertiefungen gelang es den Forschern, die Nanopartikel zu fixieren.

Abstoßung überwindet Molekularbewegung

„Glasoberflächen sind in Wasser negativ geladen“, so Krishnan. Ein negativ geladenes Objekt spürt deshalb eine starke Abstoßung von den umgebenden Glasflächen. Die Vertiefungen sorgen dafür, dass die Abstoßung lokal abgeschwächt wird. Diese leichte Abnahme der Abstoßungskräfte reicht bereits aus, um die Partikel über der Vertiefung sozusagen frei schwebend längere Zeit festzuhalten – die Abstoßungskräfte sind größer als die Kräfte der Brownschen Bewegung. Die Forscher generierten mit den Vertiefungen eine elektrostatische Falle, die es ihnen ermöglicht, ohne viel Aufwand das Objekt über einen längeren Zeitraum genau zu studieren.

Verfahren eröffnet neue Möglichkeiten

Bisher gelang es nur mit aufwendigen und teuren Verfahren, etwa optisch mit Hilfe von Lasern, derart kleine Partikel festzuhalten. Ein großer Vorteil der neuen Methode ist, dass das Verfahren rein von der elektrischen Ladung abhängt und unabhängig von der Masse oder der Größe des Objekts ist. Doch es gilt noch eine Hürde zu nehmen: Biologische Objekte müssen in Lösungen mit einem hohen Salzgehalt in das Glassandwich eingebracht werden. Bei einem hohen Salzgehalt der Lösung verschwindet jedoch aufgrund der positiv geladenen Salz-Ionen das von den Oberflächen erzeugte Kraftfeld, welches das Objekt in Schwebe hält.

Die Forscher gehen jedoch anhand von Berechnungen davon aus, dass das Problem überwunden werden kann, indem der Abstand zwischen den beiden Glasplatten noch kleiner gewählt wird. Die Kommentatoren in „Nature“ betonen die verlockenden Möglichkeiten, welche die von Krishnan und ihrem Team entwickelte Methode liefert. Für spezielle Studien in der klinischen Chemie und Biologie könnten Millionen von „Nano-Fallen“ in wenige Quadratzentimeter Glas eingefräst werden und damit umfassende Untersuchungen ermöglichen.

(ETH Zürich, 15.10.2010 – NPO)

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