Einen Temperaturanstieg um 4,2 Grad und das Ende der Korallenriffe bis 2100 sagt ein internationales Forscherteam voraus, wenn die nationalen Klimaschutzziele nicht sehr schnell erheblich verschärft werden. Ihre jetzt in den „Environmental Research Letters” veröffentlichte Studie zeigt, dass die letztes Jahr im Rahmen der Klimakonferenz von Kopenhagen vereinbarten Selbstverpflichtungen bei weitem nicht ausreichen, um das zwei Grad Klimaschutzziel zu erreichen.
{1l}
Als Ergebnis der Klimakonferenz von Kopenhagen im Dezember 2009 hatten sich die Teilnehmerstaaten in der so genannten Kopenhagen-Vereinbarung („Copenhagen Accord“) dem Ziel verpflichtet, die globale Erwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius zu begrenzen. Konkrete Reduktionsziele wurden zunächst nicht genannt, jedoch von 76 Ländern bis zum folgenden April nachgereicht. Schon damals errechneten Klimaforscher, dass trotz dieser Reduktionsverpflichtungen die Temperaturen um bis zu drei Grad Celsius noch in diesem Jahrhundert ansteigen werden.
Selbst Halbierung bringt keine Erfolgsgarantie mehr
Jetzt hat ein internationales Forscherteam im Vorfeld einer am 4. Oktober beginnenden UN-Klimakonferenz im chinesischen Tianjin die Reduktionsziele erneut überprüft – mit noch schlechterem Ergebnis: Durch das jahrelange Nichthandeln bleibt inzwischen nur noch eine sehr geringe Chance, die globale Erwärmung wie angestrebt auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Selbst wenn sich die Staaten jetzt auf eine Halbierung ihrer jeweiligen Emissionen bis 2050 einigen würden, gäbe es nur noch eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass dies für das Klimaschutzziel reichen würde.
Ziele viel zu niedrig gesteckt
„Es wird aus unserer Analyse klar, dass höhere Ziele bis 2020 nötig sind, um die Optionen auf zwei Grad offen zu halten, ohne auf unrealistische Reduktionsraten nach 2020 zurückgreifen zu müssen“, so die Wissenschaftler von sieben europäischen Forschungszentren in ihrer Studie. „Zudem ist auch das Fehlen eines Minderungsziels für 2050, auf das die Staaten hinarbeiten können und das auch als Maßstab dienen kann, ob die Reduktionen bis 2020 und 2030 auf dem richtigen Wege sind, ein kritisches Defizit der Kopenhagen Vereinbarungen.“
Die Analyse der Reduktionsziele individueller Staaten bestätigt, dass viele Industrieländer wie die USA und die EU ihre Ziele relativ niedrig gesteckt haben, netto mindern sie gerade einmal wenige Prozent gegenüber den Werten von 1990. Nur Japan und Norwegen planen ihre CO2-Emissionen um 25 und 30 bis 40 Prozent unter die Referenzwerte von 1990 zu senken.
Versauerung der Meere droht
Die Studie hat aber untersucht, welche Folgen das Verfehlen des Zwei-Grad-Ziels haben würde, zum Beispiel auf die Meere der Erde. Sie zeigt, dass die steigenden Temperaturen nicht die einzige Folge der zögerlichen Klimaschutzmaßnahmen und weiter steigenden Treibhausgasemissionen sein werden. Die wachsenden CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre bewirken auch eine Versauerung der Ozeane, die bis 2100 einen rapiden Niedergang der Korallenriffe und marinen Ökosysteme verursachen könnten.
„Die Forscher liefern damit einen wichtigen Einblick in die ökologischen Auswirkungen und sowohl die sozialen als auch die ökologischen Kosten des Nichthandelns in punkto Klimaschutz“, kommentiert Dan Kammen, Rexaktionsleiter des Fachjournals „Environmental Research Letters“ die neue Studie.
(Institute of Physics, 29.09.2010 – NPO)