Medizintechnik

Computertomographie jetzt auch in „Nano“

Hochauflösendes Verfahren macht selbst feinste Knochenstrukturen sichtbar

Erste Nano-CT- Aufnahmen von Knochenproben kleiner als ein menschliches Haar. Jede Probe mit nur 25 Mikrometer im Durchmesser. Deutlich sind osteoporotische Hohlräume, so genannte Lakunen, zu erkennen © M. Dierolf, P. Thibault, F. Pfeiffer / TU München

Ein neuartiges Nano-Tomographieverfahren erlaubt erstmals Untersuchungen feinster Strukturen im Nanometerbereich. So können selbst dreidimensionale Innenansichten fragiler Knochenstrukturen erstellt werden. Die ersten mit diesem Verfahren erzielten Nano-CT-Bilder wurden nun in „Nature“ veröffentlicht. Die neue Technik kann unter anderem beid er Früherkennung von Osteoporose helfen, aber auch in anderen Bereichen der Medizin wertvolle Einblicke liefern.

Osteoporose, auch Knochenschwund genannt, ist eine der häufigsten Erkrankungen des alternden Knochens: In Deutschland ist etwa ein Viertel der Bevölkerung über 50 Jahre davon betroffen. Bei den Patienten schrumpft die Knochensubstanz übermäßig rasch, damit steigt das Risiko für Brüche deutlich. In der klinischen Forschung wird Osteoporose bisher fast ausschließlich über die Messung einer allgemein verringerten Knochendichte bestimmt. Diese sagt jedoch wenig über die damit verbundenen und ebenso wichtigen lokalen Struktur- und Knochendichte-Änderungen aus.

Computertomografie weiterentwickelt

Ein Forscherteam um Franz Pfeiffer, Professor für Biomedizinische Physik an der Technischen Universität München, hat dieses Dilemma nun gelöst: „Mit unserem neu entwickelten Nano- CT-Verfahren ist es jetzt möglich, die Struktur- und Dichte-Änderungen des Knochens hochaufgelöst und in 3D darzustellen. Damit kann man die der Osteoporose zugrunde liegenden Strukturänderungen auf der Nanoskala erforschen und bessere Therapieansätze entwickeln.“

Pfeiffers Team hat bei der Entwicklung auf der Röntgen-Computertomographie (CT) aufgebaut. Ihr Prinzip ist seit langem bekannt – CT-Geräte werden im Krankenhaus und in der Arztpraxis tagtäglich zur diagnostischen Durchleuchtung des menschlichen Körpers verwendet. Hierbei wird der Körper mit Röntgenstrahlen durchleuchtet. Ein Detektor misst dabei unter verschiedenen Winkeln, wie viel Röntgenstrahlung jeweils absorbiert wird. Im Prinzip werden einfach Röntgenbilder aus verschiedenen Richtungen aufgenommen. Aus einer Vielzahl solcher Aufnahmen können dann mittels Bildverarbeitung digitale 3D-Bilder des Körperinneren erzeugt werden.

Funktionsprinzip: Die Probe wird per Röntgenstrahl gescannt und das Streuungsmuster der Strahlung für jede Position registriert. Die Bilder aller Positionen werden anchließend per Algorithmus zu dreidimensionalen ScHnittbildern zusammengesetzt. © M. Dierolf, P. Thibault, F. Pfeiffer / TU München

Entscheidende Informationen aus gestreuter Strahlung

Die neu entwickelte Methode misst nun für jeden Beleuchtungswinkel nicht nur die gesamte vom

untersuchten Objekt absorbierte Intensität, sondern auch die Teile des Röntgenstrahls, die in verschiedene Richtungen abgelenkt – in Physikersprache „gestreut“ – werden. Diese erzeugen für jeden Punkt ein Streubild, das zusätzliche Informationen über die genaue Nanostruktur liefert, da die Röntgenstreuung gerade auf allerkleinste Strukturänderungen sensitiv ist.

„Da wir dabei sehr viele Einzelbilder extrem präzise aufnehmen und verarbeiten müssen, war bei der Implementierung des neuen Verfahrens die Verwendung hochbrillanter Röntgenstrahlung und schneller, rauscharmer Pixel-Detektoren besonders wichtig – beides steht an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) zur Verfügung“, so Oliver Bunk, der an der vom schweizerischen PSI betriebenen Synchrotronlichtquelle den entsprechenden Experimentierplatz mit aufgebaut hat.

3D-Aufnahme aus hunderttausend Streubildern

Die Streubilder werden anschließend mit einem Algorithmus verarbeitet, der von dem Team entwickelt wurde. Martin Dierolf, Erstautor des Nature-Artikels, erklärt: „Wir haben einen Bildrekonstruktionsalgorithmus entwickelt, der aus den über hunderttausend Streubildern ein hochaufgelöstes dreidimensionales Bild der Probe errechnet. Dabei berücksichtigt der Algorithmus nicht nur die klassische Röntgenabsorption, sondern die wesentlich sensitivere Beeinflussung der Phase der Röntgenwellen.“

Feinste Knochendichte-Unterschiede sichtbar

Exemplarisch wurde mit der neuen Technik die mit 25 Mikrometern härchenfeine Knochenprobe einer Labormaus untersucht – mit überraschend exakten Ergebnissen. Die so genannten Phasenkontrast-CT- Aufnahmen stellen selbst kleinste Dichteunterschiede in der Knochenprobe extrem genau dar: Querschnitte durch Hohlräume, in denen Knochenzellen eingebettet sind, und deren rund 100 Nanometer feines Verbindungsnetzwerk sind gut erkennbar.

„Das neue Nano-CT-Verfahren erreicht zwar nicht die Ortsauflösung, die derzeit in der Elektronenmikroskopie möglich ist, kann aber – aufgrund des hohen Durchdringungsvermögens von

Röntgenstrahlung – dreidimensionale Tomographiebilder von Knochenproben liefern“ kommentiert Roger Wepf, Leiter des Elektronenmikroskopiezentrums (EMEZ) an der ETH Zürich. „Darüber hinaus zeichnet sich das neue Nano-CT-Verfahren durch seine hohe Genauigkeit in der nochendichtebestimmung aus, welche gerade für die Knochenforschung von entscheidender Bedeutung ist.“ Mithilfe des Verfahrens wird man insbesondere die Frühphase der Osteoporose-Erkrankung genauer studieren sowie Behandlungserfolge verschiedener Therapien in klinischen Studien evaluieren können.

Aber die neue Technik ist auch außerhalb der Medizin sehr nützlich: Weitere Anwendungsfelder liegen in der Entwicklung neuer Werkstoffe in den Materialwissenschaften oder in der Charakterisierung von Halbleiterbauelementen. Schließlich lässt sich das Nano-CT-Verfahren auch auf neuartige, laser-basierte Röntgenquellen übertragen.

(Technische Universität München, 23.09.2010 – NPO)

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