Medizin

Entstehung der Nickel-Allergie aufgeklärt

Metall aktiviert Rezeptor des angeborenen Immunsystems

Kontaktekzem © gemeinfrei

Nickel ist der mit Abstand häufigste Auslöser von Kontaktallergien, doch was genau bei der allergischen Reaktion im Körper geschieht, war bisher unklar. Jetzt haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Nickel einen normalerweise der Erkennung von Bakterien dienenden Rezeptor aktiviert und damit die entzündliche Immunreaktion in Gang setzt. Diese jetzt in „Nature Immunology“ veröffentlichten Erkenntnisse könnten auch zu neuen Prophylaxe- und Therapieansätzen beitragen.

Allergien gehören zu den Erkrankungen, die weiter an Häufigkeit zunehmen. An der Haut äußern sich Allergien vielfach als Kontaktekzeme, die mit Juckreiz, Rötung und Schuppung einhergehen. Der mit Abstand häufigste Ausklöser solcher allergischen Reaktionen ist Nickel: Allein in Europa reagieren nach aktuellen Schätzungen 65 Millionen Menschen allergisch auf dieses Metall, das in vielen Gegenständen des alltäglichen Lebens wie beispielsweise Modeschmuck, Uhren und Münzen enthalten ist. Bis heute aber sind die Mechanismen, die zur Entstehung von Kontaktekzemen auf Nickel führen, nur unzureichend verstanden.

Rezeptor setzt Signalkaskade in Gang

Wissenschaftler der Universität Gießen um die Allergologen Professor Matthias Goebeler und Marc Schmidt habe nun gemeinsam mit Kollegen aus Mannheim, Freiburg, Münster und München heraugefunden, auf welche Weise Nickel die allergische Entzündung der Haut hervorruft, die einem sichtbaren Ekzem vorausgeht: Nickel aktiviert einen bestimmten Rezeptor, den so genannten „toll-like receptor 4“ (TLR4), der angeborenen Immunität. Dies wiederum setzt so intrazelluläre Signalübertragungswege in Gang, die zur Bildung von entzündungsfördernden Botenstoffen führen. In der Folge kann das spezifische Immunsystem aktiviert werden und über Vermittlung von T-Lymphozyten ein Ekzem entstehen.

Normalerweise für Bakterien zuständig

Der TLR4-Rezeptor wurde bereits 1998 entdeckt, war aber bislang nur als Erkennungsstruktur für bestimmte von Bakterien freigesetzte entzündungsfördernde Substanzen, die so genannten Lipopolysaccharide, bekannt. Natürlicherweise spielt TLR4 eine Schlüsselrolle bei der Abwehr von Bakterien und verhindert durch Aktivierung des angeborenen Immunsystems bei bakteriellen Infektionen deren übermäßige Vermehrung. Die Gießener Forscher beobachteten erstmals, dass Nickel seine entzündungsfördernden Eigenschaften im Menschen entscheidend über TLR4 vermittelt, dass aber die Zielstruktur für Nickel eine andere ist als jene, die von bakteriellen Lipopolysacchariden benutzt wird.

Diese Beobachtung könnte einen Durchbruch bei der Therapie der bislang nur schwer behandelbaren Nicklallergie bedeuten. Denn prinzipiell erscheint es nun möglich, spezifische TLR4-Hemmstoffe zu entwickeln, welche die Aktivierung des Rezeptors durch Nickel blockieren, ohne damit die wichtige natürliche Abwehrfunktion von TLR4 bei bakteriellen Infektionen zu beeinträchtigen.

Mausmodell entwickelt

Überraschenderweise ergaben weiterführende Untersuchungen, dass nur humane TLR4-Rezeptoren, nicht aber solche aus der Maus, durch Nickel aktiviert werden, da dem entsprechenden Maus-Rezeptor die bindungsrelevanten Aminosäuren fehlen. Die Wissenschaftler vermuteten, dass dies eine Erklärung für die bislang mysteriöse Beobachtung sein könnte, dass Mäuse keine Nickelallergien entwickeln. Die Wissenschaftler entwickelten nun einen Mäusestamm, der anstelle des Maus-TLR4 den menschlichen TLR4-Rezeptor besitzt und daher eine allergische Reaktion auf Nickel entwickeln kann.

Die vorgestellten Daten liefern ein weiteres Indiz für die Vermutung, dass Allergien im Wesentlichen fehlgeleitete Immunreaktionen darstellen.

(Universität Gießen, 17.08.2010 – NPO)

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