Geowissen

Entwarnung für Starkbeben im Herzen der USA

Modell seht nur geringe Gefahr für Intraplattenbeben in der New Madrid Seismic Zone

Erdbeben in der New Madrid Seismic Zone © USGS

Die New Madrid Verwerfung nördlich der Stadt Memphis war vor 200 Jahren Schauplatz der schwersten Beben der amerikanischen Geschichte. Seither gibt es Befürchtungen, dass sich dieses starke Intraplattenbeben wiederholen könnte. Doch eine jetzt in „Nature“ erschienene Studie gibt Entwarnung. Die Rekonstruktion der geologischen Entwicklung enthüllt die Verwerfung zwar als grundsätzlich aktiv, aber extrem langsam.

Vor fast zweihundert Jahren, im Winter 1811/1812, ereigneten sich nahe dem Ort New Madrid im Zentrum der USA gleich drei schwere Erdbeben, die dramatische Folgen für die gesamte Mitte des Kontinents hatten: sie veränderten den Lauf von Mississippi und Ohio, ließe neue Seen entstehen und gestalteten die Landschaft nördlich des heutigen Memphis nachhaltig um. Doch diese Erdbeben hatten noch eine Besonderheit: Ihr Epizentrum lag nicht etwa an einer aktiven Plattengrenze, sondern scheinbar inmitten der kontinentalen Kruste Nordamerikas.

Wie groß ist die Gefahr für Wiederholungen?

Die für die Beben verantwortliche Verwerfung, die so genannte New Madrid Seismic Zone (NMSZ), ist, ähnlich wie der Oberrheingraben bei uns in Deutschland, eine alte Verwerfung, die vor Millionen Jahren als beginnende Riftzone entstand, sich dann aber nicht weiterbewegte. Bei starken Beben an Plattenrändern gehen Seismologen – basierend auf der relativ konstanten Bewegung der Platten – inzwischen davon aus, dass die Abstände zwischen den Starkbeben zumindest in etwa gleichbleiben. Bei Intraplattenbeben sieht dies jedoch anders aus. Hier ist es noch immer unklar, ob es vergleichbare Wiederholungsraten überhaupt gibt. Einige Forscher gehen jedoch davon aus, dass es noch vor 2050 ein Beben mindestens der Magnitude 8 geben könnte.

Geologische Struktur im Untergrund der NMSZ © USGS

Modell rekonstruiert Entwicklung

Geoforscher um Eric Calais von der Purdue Universität haben nun erstmals nicht nur eine geologische Erklärung für die historischen New-Madrid-Beben gefunden, sie geben auch Entwarnung für die Zukunft der heute dicht besiedelten Region. Sie entwickelten ein Modell, dass die Verhältnisse im Untergrund sowie der aufliegenden Sedimente abbildet und deren Entwicklung über die letzten Jahrtausende hinweg rekonstruiert. Ziel war es herauszufinden, wie sich die Spannungen entlang der Verwerfung veränderten und welche Faktoren dies beeinflussen.

Sedimentabtragung aktivierte Verwerfung

Die Berechnungen enthüllen, dass offenbar die Sedimentauflage eine entscheidende Rolle für die Aktivierung der Verwerfung spielt. Die Schmelzprozesse und damit verbundenen Sturzfluten nach der letzen Eiszeit spülten vor 16.000 bis 10.000 Jahren große Mengen Sediments von der Erdoberfläche weg ins Meer. Diese plötzliche Abtragung könnte dazu geführt haben, dass die bis dahin inaktive, blockierte Verwerfung sich wieder löste und in Bewegung geraten konnte.

Wiederholungen unwahrscheinlich

Das Modell zeigt auch, dass dieser Lösungsprozess bis heute anhält, allerdings in einer sehr niedrigen Rate. Das damalige Beben hatte die durch die nacheiszeitlichen Prozesse aufgestaute Energie freigesetzt und damit die Spannungen im Untergrund entladen. Eine Wiederaufladung durch weitere Bewegungen des Untergrunds erfolgt seither deutlich langsamer und schwächer als an den Plattenrändern. Zudem würden die Bereiche der Verwerfung, die bereits bei letzen schweren Beben gebrochen sind, in nächster Zukunft nicht weiter nachgeben.

Nach Einschätzung der Forscher ist daher nicht davon auszugehen, dass sich in der New Madrid Seismic Zone Starkbeben mit ähnlicher Regelmäßigkeit wiederholen wie an den Plattengrenzen beispielsweise Kaliforniens. Sie schließen allerdings nicht aus, dass die langsamen Bewegungen der New Madrid Seismic Zone durchaus Erdbeben in benachbarten Segmenten und Störungen triggern könnten.

(Nature , 29.07.2010 – NPO)

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