Astronomie

Dunkle Materie im Sonnenkern?

Physiker postulieren Anreicherung exotischer Materieform im Sonnenkern

Wenn es Dunkle Materie in der Milchstraße gibt, müsste theoretisch auch die Sonne immer wieder durch Partikel dieser exotischen Materieform getroffen werden. Britische Physiker haben jetzt die Hypothese aufgestellt, dass sich diese Partikel im Laufe der Zeit im Sonnenkern angereichert haben könnten. Das klingt fantastisch, könnte aber vielleicht sogar nachgewiesen werden: Über die Anzahl der Neutrinos, die die Sonne abstrahlt, wie Simulationen zeigen.

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Die rätselhafte Dunkle Materie macht möglicherweise mehr als 80 Prozent der Gesamtmasse des Universums aus, so vermuten Astronomen. Doch ihre Existenz wird bisher nur indirekt, aufgrund ihrer Schwerkraftauswirkungen angenommen. Astronomen gehen davon aus, dass die Dunkle Materie eine Halo um unsere Milchstraße und andere Galaxien herum formt und ein wichtiger Bestandteil für den Zusammenhalt der Sternenansammlungen ist. Da sich die Sonne im Laufe von Millionen Jahren um das Zentrum der Milchstraße herum bewegt, müsste sie dabei auch Gebiete Dunkler Materie durchqueren und dabei sozusagen einem „dunklen Teilchenwind“ ausgesetzt sein.

Sammelt die Sonne Dunkle Materie-Partikel?

„Wir wissen, dass die Dunkle Materie existiert, aber bisher konnte sie nicht im Labor reproduziert oder direkt beobachtet werden“, erklärt Stephen West, Physiker am Royal Holloway Institut der Universität London. „Daher besitzen wir nur wenig Information darüber, was sie genau ist.“

West und Kollegen vom Royal Holloway haben nun die Hypothese aufgestellt, dass einige dieser Partikel mit den Elementen der Sonne kollidieren könnten und durch die Sonnenschwerkraft eingefangen werden. Im Laufe der Milliarden Jahre hätte dies zu einer Anreicherung der Dunklen Materie im Kern der Sonne geführt.

Folgen der Anreicherung simuliert

Um diese Vermutung zu testen, entwickelten die Physiker Simulationen, die zeigen, welchen Effekt diese Art der Anreicherung auf die Sonne hätte und ob dies mit gängigen Sonneneigenschaften übereinstimmt. „Es ist wichtig, dass wir alle Möglichkeiten erkunden, die Natur der Dunklen Materie herauszufinden“, erklärt West. „Die Sonne könnte uns ein unerwartetes Labor bieten, um genau dies zu tun.“

Dunkle Materie senkt Kerntemperatur der Sonne

Die Simulationen der Forscher zeigen, dass eine Anreicherung von Dunkler Materie im Sonnenkern die Temperatur des Kerns reduzieren würde. Die Partikel absorbieren die Hitze und transferieren sie nach außen in Richtung Sonnenoberfläche, dadurch sinkt die Kerntemperatur. Ob dies wirklich der Fall ist, lässt sich allerdings nicht direkt messen. Gleichzeitig aber verringert dies die Anzahl der von der Sonne ausgestrahlten Neutrinos, die als Nebenprodukt der Kernfusion entstehen. Über deren Anzahl könnte sich messen lassen, ob ein solcher Prozess tatsächlich stattfindet.

Neutrino-Anzahl als Indiz

„Indem wir diese Neutrinos untersuchen, können wir Information über die Kerntemperatur der Sonne erhalten und damit auch darüber, ob Dunkle Materie eine Rolle in der solaren Physik spielt“, so West. Dies wiederum liefert Hinweise darüber, wie die Partikel mit den Elementen der Sonne interagieren und möglicherweise auch über die Masse der individuellen Teilchen der Dunklen Materie. „Der nächste Schritt ist es, nach durch Dunkle Materie im Kern verursachten Veränderungen in der vorhergesagten Anzahl der von der Sonne produzierten Neutrinos zu suchen und die Sensibilität der bereits existierenden Neutrino-Observatorien daraufhin zu testen“, so West.

Hoffnung auch auf LHC-Experimente

Hoffnung auf weitere Aufschlüsse knüpfen die Physiker auch an Experimente am „Large Hadron Collider“ (LHC) in Genf. Dieser weltstärkste Teilchenbeschleuniger kann Teilchenkollisionen erzeugen, die energiereich genug sind, um vielleicht auch Hinweise auf Eigenschaften der Dunklen Materie zu geben. „Der LHC könnte zusätzliche Information über die Dunkle Materie geben, die zusammen mit der Information von der Sonne uns ein klareres Bild eines der rätselhaftesten Themen der Physik verschaffen könnten.“

(University of London, 26.07.2010 – NPO)

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