Möglicherweise hat der Mensch bereits vor Beginn der Landwirtschaft das Erdklima beeinflusst. Einer neuen Studie nach könnte er vor rund 15.00 Jahren eine Kettenreaktion in Gang gesetzt haben, die mit der Bejagung von Mammuts und anderen großen Pflanzenfresser begann. Als diese dann ausstarben, wurde Grasland zu Wald und dies führte zu einer Erwärmung des Klimas um immerhin 0,1°C innerhalb weniger hundert Jahre. In der Fachzeitschrift „Geophysical Research Letters” liefern amerikanische Forscher jetzt die Belege für dieses Szenario.
Am Ende der letzten Eiszeit durchwanderten ganze Mammutherden die weiten Steppen Russlands und Nordamerikas. Doch vor rund 15.000 Jahren starben die großen Grasfresser aus – ungefähr zeitgleich mit anderen großen Säugetieren. Warum, darüber wird seit Jahren gestritten, es kursieren dazu zahlreiche konkurrierende Theorien. Umstritten ist vor allem, welche Rolle urzeitliche Jäger für den Untergang dieser Tierarten gespielt haben.
Veränderte fehlende Beweidung Vegetation und Klima?
In einer neuen Studie schlagen nun Forscher der Carnegie Institution for Science ein Szenario vor, dass nicht nur dem Menschen die Mitschuld am Aussterben von Mammut und Co. gibt, sondern auch belegt, dass er schon damals das Klima der Erde signifikant beeinflusste. Ihrem Szenario zufolge dezimierten zunächst Klimawandel und Jagd die großen Pflanzenfresser. Deren Niedergang und die damit verbundene fehlende Beweidung ermöglichte das Zuwachsen des Graslands mit Birkenwald. Die dunkleren Blätter des Waldes wiederum veränderten die Farbe der Landoberfläche und führten zu einer erhöhten Absorption von Sonnenwärme und damit zu einer Erwärmung.
Steiler Anstieg von Birkenpollen
Soweit die Theorie. Um zu testen, ob dies auch durch Daten und Fakten gedeckt wird, untersuchten Chris Doughty, Adam Wolf und Chris Field fossile Birkenpollen aus der Nacheiszeit in Sedimentproben aus Alaska, Sibirien und dem Yukon Territory. Birkenpollen deshalb, weil die Birke als Pionierpflanze gilt, die meist als erste Baumart freie Flächen besiedelt. Die Analysen enthüllten tatsächlich vor rund 15.000 Jahren einen steilen Anstieg in der Menge der Birkenpollen – etwa zu der Zeit, als die Mammuts ausstarben.
Ein Viertel der Landfläche wurde zu Wald
Aber wie stark und schnell geschah diese Bewaldung? Auch das untersuchten die Wissenschaftler. Sie analysierten den Einfluss heutiger Elefanten auf ihre Umwelt und werteten Daten zur Bewaldung nach Rückgang von Elefantenpopulationen in bestimmten Regionen aus, um daraus ein Modell zu entwickeln. Das Ergebnis: Das Aussterben der Mammuts könnte innerhalb weniger hundert Jahre zur Bewaldung von rund einem Viertel Sibiriens und Beringias – der Landbrücke zwischen Asien und Alaska – geführt haben.
Zusammen mit der natürlichen Erwärmung des Klimas nach der Eiszeit hat dies den Trend zur Ausbreitung der Waldlandschaften damit deutlich verstärkt. Gestützt wird dies durch eine im letzten Jahr veröffentlichte Studie, in der Forscher einen drastischen Wandel in der Vegetation nach Aussterben der Mammuts belegen. „Das Aussterben dieser Schlüssel-Spezies muss Folgen für die Ökologie und Vegetation gehabt haben”, so Doughty. „Und die Vegetation hat einen großen Einfluss auf das Klima.“
0,1°C innerhalb mehrerer Jahrhunderte
Wie groß dieser Klima-Einfluss gewesen sein könnte, testeten die Forscher ebenfalls – mit einer Klimasimulation. Sie ergab, dass die Ausbreitung der Birkenwälder den Planeten im Laufe einiger hundert Jahre um immerhin mehr als 0,1°C erwärmt haben könnte. Dies ist etwa ein Sechstel der Erwärmung der Erde durch anthropogene Treibhausgase in den letzen 150 Jahren. Wenn auch insgesamt nicht viel, belegt diese Berechnung jedoch, dass der Mensch indirekt, durch die Jagd, schon viel früher das irdische Klimabeeinflusste als bisher angenommen. Bisher galt der Beginn der Landwirtschaft vor rund 8.000 Jahren als Startpunkt seines „ökologischen Fußabdrucks“.
„Viele Leute sind noch immer das Ansicht, dass der Mensch selbst jetzt das Klima nicht beeinflussen kann, obwohl es mittlerweise mehr als sechs Milliarden Menschen gibt, erklärt Doughty. „Die neuen Ergebnisse zeigen jedoch, dass wir selbst dann einen großen Einfluss haben, wenn unsere Population um Größenordnungen kleiner ist.“ Nach Meinung von Doughty und seinen Kollegen sollte daher auch der Beginn des „Anthropozän“, der in der Geologie als „vom Menschen beeinflusste Zeit“ geltenden Epoche, mehrere tausend Jahre nach vorne verschoben werden.
(Carnegie Institution for Science, 02.07.2010 – NPO)