Astronomie

Komplexer Kohlenwasserstoff im All entdeckt

Astronomen weisen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoff in interstellarer Molekülwolke nach

Anthracen, Sternbild Perseus, Fundregion, Teleskop und Spektrum des Moleküls © Gaby Perez / Susana Iglesias-Groth

Astronomen haben in einer interstellaren Molekülwolke erstmals eine komplexe Kohlenstoffverbindung nachgewiesen. Erstmals ist damit die Präsenz eines spezifischen polyzyklischen aromatischen Kohlenstoffs außerhalb unseres Sonnensystems belegt. Die jetzt in den „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ veröffentlichte Entdeckung könnte wertvolle Hinweise auf die Entstehung organischer Moleküle im All und auf unserem Planeten liefern.

Seit den 1980er Jahren ist bekannt, dass der Raum zwischen den Sternen, das interstellare Medium keineswegs leer ist. Stattdessen finden sich hier ausgedehnte Wolken verschiedenster Moleküle, meist Wasserstoff, aber auch komplexere Verbindungen. In spektrometrischen Untersuchungen hinterlassen sie ihren „Fingerabdruck“ als hunderte von Banden – eindeutig identifiziert sind bisher jedoch nur wenige von ihnen.

Verräterische Banden im Sternbild Perseus

Ein internationales Astronomenteam unter Leitung von Susana Iglesias Groth vom Instituto Astrofísica de Canarias hat nun Beobachtungsdaten des William Herschel auf La Palma und des Hobby-Eberly Teleskops in Texas ausgewertet und ist dabei auf Banden gestoßen, die auf die Präsenz eines polyzyklischen aromatischen Kohlenstoffs (PAH) in einer solchen Molekülwolke hindeuten. Die verräterischen Spuren fanden sich in Sichtlinie auf den Stern Cernis 52, ein sehr junges, rund 700 Lichtjahre von der Sonne entferntes Mitglied des Sternenhaufens IC 348 im Sternbild Perseus.

Erster Nachweis des Kohlenwasserstoffs Anthracen

Den Banden nach handelt es sich um positiv geladene Moleküle des Anthracens, auch als Paranaphthalin bezeichnet. Der aus drei aneinanderhängenden Ringen bestehende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoff mit der Summenformel C14H10 war bisher nur in Meteoriten, nicht aber in interstellarer Materie nachgewiesen worden. Oxidierte Formen dieses Moleküls kommen häufig in lebenden Systemen vor und sind biochemisch sehr aktiv. Auf der Erde findet sich Anthracen in Steinkohlenteer, ist aber auch ein sekundärer Inhaltsstoff der Aloe- Pflanze.

Vorform für Lebensbausteine

Moleküle wie Anthracen gelten als präbiotisch, als mögliche Vorformen für Biomoleküle und damit für die Entstehung des Lebens. Werden sie in Gegenwart von Wasser und Ammoniak ultravioletter Strahlung ausgesetzt, können aus ihnen Aminosäuren und andere Lebensbausteine entstehen. Nach Ansicht der Forscher könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass ein Teil der Schlüsselfaktoren für die Entstehung des irdischen Lebens auch in der interstellaren Materie präsent sind. Der nächste logische Schritt wäre es demnach, die interstellaren Molekülwolken auch nach Aminosäuren abzusuchen.

„Vor rund zwei Jahren haben wir Belege für die Existenz eines anderen organischen Moleküls, des Naphthalin, am gleichen Ort entdeckt”, erklärt Iglesias. „Alles deutet daher daraufhin, dass wir eine Sternenbildungsregion gefunden haben, die sehr reich ist an präbiotischer Chemie.“

(Royal Astronomical Society (RAS), 22.06.2010 – NPO)

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