Die Rohstoffversorgung für die EU entwickelt sich zunehmend kritischer. Zu diesem Ergebnis ist ein neuer Bericht der EU-Kommission gekommen. In diesem werden von 41 analysierten Mineralien und Metallen gleich 14 als problematisch eingestuft. Darunter sind Germanium, Graphit und Indium.
EU-Kommissionsvizepräsident Antonio Tajani fordert angesichts der neuen Ergebnisse Fairplay im internationalen Handel sowie wirkungsvollere Aktionen in Europa, um Ressourceneffizienz zu schaffen und Recycling zu nutzen. „Es ist unser Ziel, sicherzustellen, dass Europas Industrie auf diesem Feld eine führende Rolle bei neuen Techniken und Innovation einnehmen kann und wir müssen sicherstellen, dass wir dafür die notwendigen Instrumente schaffen“, sagte Tajani.
Und Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Rainer Brüderle ergänzte: „In Deutschland und Europa müssen wir auf breiter Front erkennen: Eine sichere Rohstoffversorgung wird immer mehr zu einer zentralen politischen Herausforderung für die Wirtschaftspolitik. […] Vor einem Monat habe ich in Deutschland den Startschuss für die Weiterentwicklung der deutschen Rohstoffstrategie gegeben. Ich freue mich, dass auch die Europäische Kommission dem Thema mit diesem Expertenbericht die notwendige Aufmerksamkeit widmet.“
14 Mineralien und Metalle betroffen
Rohstoffe sind ein wesentlicher Bestandteil sowohl von High-Tech-Produkten als auch von Produkten des täglichen Gebrauchs, darunter etwa Mobiltelefone, Dünnschichtphotovoltaikmodule, Lithium-Ionen-Batterien, Glasfaserkabel und synthetische Treibstoffe. Nach der gestern veröffentlichten Studie einer Expertengruppe unter dem Vorsitz der Europäischen Kommission treten bei der Versorgung mit diesen Rohstoffen jedoch zunehmend Engpässe auf. In der zum allerersten Mal erstellten Bestandsaufnahme des Zugangs zu Rohstoffen in der EU werden von den 41 analysierten Mineralien und Metallen 14 als „kritisch“ eingestuft.
Nach Auffassung der Expertengruppe sind folgende mineralische Rohstoffe für die Europäische Union von entscheidender Bedeutung: Antimon, Beryllium, Kobalt, Flussspat, Gallium, Germanium, Graphit, Indium, Magnesium, Niob, Metalle der Platingruppe, seltene Erden, Tantal und Wolfram. Prognosen zufolge wird sich bis zum Jahr 2030 die Nachfrage nach einigen dieser Rohstoffe gegenüber 2006 mehr als verdreifachen.
Rohstoffe in der Hand weniger Länder
Die große Gefahr einer Verknappung der „kritischen“ Rohstoffe hängt vor allem damit zusammen, dass ein großer Teil der weltweiten Produktion auf einige wenige Länder entfällt, dies sind vor allem China (Antimon, Flussspat, Gallium, Germanium, Graphit, Indium, Magnesium, seltene Erden, Wolfram), Russland (Metalle der Platingruppe), die Demokratische Republik Kongo (Kobalt, Tantal) und Brasilien (Niob und Tantal). Diese Konzentration der Produktion geht in vielen Fällen mit geringer Nachhaltigkeit und einem niedrigen Recyclinganteil einher.
Im Rahmen ihrer Strategie zur industriellen Entwicklung versuchen viele Schwellenländer, sich die alleinige Nutzung ihrer Ressourcen zu sichern. Einer der Hauptfaktoren, der die zukünftige wirtschaftliche Bedeutung von Rohstoffen beeinflusst, ist der technologische Wandel, der voraussichtlich zu einem drastischen Anstieg der Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen führen wird.
Nachfrage steigt immer weiter
Die wichtigsten neuen Technologien, die die Nachfrage nach den kritischen Rohstoffen in die Höhe treiben, sind bei Antimon Antimon-Zinn-Oxid und Mikrokondensatoren, bei Kobalt Lithium-Ionen-Batterien und synthetische Treibstoffe, bei Gallium Dünnschichtphotovoltaikmodule, integrierte Schaltkreise und weiße Leuchtdioden, bei Germanium Glasfaserkabel und Infrarotoptik, bei Indium Bildschirme und Dünnschichtphotovoltaikmodule, bei Platin Brennstoffzellen und Katalysatoren, bei Palladium (Metall der Platingruppe) Katalysatoren und Meerwasserentsalzung, bei Niob Mikrokondensatoren und Eisenlegierungen, bei Neodym (seltene Erde) Dauermagnete und Lasertechnologie und bei Tantal Mikrokondensatoren und medizinische Technologien.
Experten stellen Maßnahmenkatalog vor
Zur Überwindung der derzeitigen Probleme empfehlen die Experten in ihrem Bericht folgende Maßnahmen:
- eine fünfjährliche Aktualisierung der Liste der für die EU lebenswichtigen Rohstoffe und weiter gefasste Bewertung, ob die Versorgung mit einem Rohstoff als „kritisch“ einzustufen ist,
- politische Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs zu Primärressourcen,
- politische Maßnahmen zum effizienteren Recycling von Rohstoffen oder rohstoffhaltigen Produkten,
- Förderung des Ersatzes bestimmter Rohstoffe durch andere Werkstoffe, insbesondere durch Unterstützung der Forschung zu Ersatzstoffen für knappe Rohstoffe,
- Verbesserung der allgemeinen Werkstoffeffizienz bei knappen Rohstoffen.
(EU-Kommission/bvse/Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, 18.06.2010 – DLO)