Minisonden mit eigenem Antrieb, die in unserer Blutbahn schwimmen, sind heute noch Science-Fiction. Doch die ersten Voraussetzungen dafür haben Wissenschaftler schon jetzt geschaffen. Sie entwickelten eine Miniaturbrennstoffzelle, die als Rohstoff körpereigene Moleküle nutzt und einmal als Antrieb für Minisonden dienen könnte.
Alarm im Blutstrom nahe dem Herzen: Ein Herzinfarkt droht. Sofort werden winzige Reparaturmaschinen aktiviert, die den beginnenden Aderverschluss der Herzkranzgefäße entfernen. Ist dieses Szenario nur Science-Fiction? Nicht ganz. Denn der erste Schritt auf dem weiten Weg zu biobetriebenen Miniaturmaschinen, die im menschlichen Körper ihre Arbeit verrichten, geschieht bereits. Am Zentrum für Elektrochemie forscht Professor Wolfgang Schuhmann mit seinem Team daran, miniaturisierte Brennstoffzellen zu entwickeln, die vollständig von den im Blut vorhandenen Substanzen angetrieben werden. Diese Technik könnte eines Tages der otor für Miniaturmaschinen sein.
Kleine Zelle, große Herausforderung
Für die Vision einer blutbetriebenen Brennstoffzelle im menschlichen Körper müssen die Forscher eine Vielzahl von Problemen meistern. Die zentrale Herausforderung: Biobrennstoffzellen müssen sehr klein, aber trotzdem leistungsstark sein. Aufgrund der geringen Größe können die Elektroden nicht in separate Kompartimente eingeschlossen werden, da das Volumen der Wand überproportional groß im Verhältnis zum Volumen der gesamten Zelle wäre. Eine wandlose Zelle erfordert wiederum, dass Anode und Kathode im selben Medium funktionieren.
Das Geheimnis für den Bau einer solchen leistungsstarken Biobrennstoffzelle steckt in der Konstruktion der Elektrodenmaterialien. Bereits mit den zurzeit verfügbaren Materialkombinationen erfüllt die Biobrennstoffzelle der Bochumer Elektrochemiker alle Anforderungen und erreicht eine Leistung von 0,1 Milliwatt pro Quadratzentimeter. Damit sind die Forscher nur noch eine Zehnerpotenz von der Zielmarke von einem Milliwatt pro Quadratzentimeter entfernt.
„Nano-Wald“ aus Kohlenstoffröhrchen
Für die biobetriebenen Brennstoffzellen belegen die Forscher zunächst Graphit-Elektroden mit Biokatalysatoren (Enzymen), die für den Elektronenaustausch mit im Blut vorhandenen Substanzen sorgen. Um den Elektronenfluss zu steigern, wird eine große Anzahl von Enzymen an ein dreidimensionales Gerüst (Redoxpolymer) gebunden, das Elektronen effizient zwischen Elektrode und Enzym weiterleitet.
Damit die nutzbare Fläche größer wird, experimentiert Schuhmanns Team zudem mit Kohlenstoffnanoröhren, die wie ein Wald die Elektrodenoberfläche überziehen. Das nächste Ziel der Forscher ist es, den Nano-Wald mit Redoxpolymeren zu bestücken. Erste Tests mit „Nano-Wald“-beschichteten Elektroden ohne Redoxpolymer ergaben bereits einen 400-fach erhöhten Elektronenfluss im Vergleich zu den Systemen ohne Nanoröhren. Der Weg zu einsatzfähigen Minimaschinen ist von hier aus zwar noch weit, aber die ersten Schritte sind damit bereits gemacht.
(Ruhr-Universität Bochum, 20.05.2010 – NPO)