Genetik

Endlich auch „Knock-out“-Ratten

Nachhaltiges Abschalten einzelner Gene jetzt erstmals auch im Rattengenom gelungen

Modellorganismus Ratte © USGS

Gezielt Gene ausschalten um deren Funktion untersuchen zu können, das konnten Forscher bisher nur bei Mäusen. Das Rattenerbgut erwies sich dagegen als „resistent“. Doch das hat sich jetzt geändert: Ein internationales Forscherteam hat mit Hilfe von „springenden Genen“ eine neue Methode entwickelt, die nun endlich auch die Erzeugung von so genannten „Knock-out“-Ratten ermöglicht. Wie dies gelingt, berichten sie nun in „Nature Methods“.

Ratten gehören in der Forschung zu den wichtigsten Versuchstieren. Sie sind für die Erforschung einiger Erkrankungen des Menschen, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Krankheiten, besser geeignet als Mäuse. Zum einen sind sie größer, zum anderen lassen sich bestimmte physiologische Fragestellungen besser an ihnen untersuchen. Hinzu kommt, dass fast jedes getestete Medikament während der Entwicklungsphase auch an Ratten untersucht wird. Doch eine der wichtigsten Methoden der modernen Forschung funktionierte bisher bei ihnen nicht:

Knock-out bisher nur bei Mäusen

Seit den achtziger Jahren nutzen Forscher die Methode des Gene- Targeting, um bestimmte Gene in Versuchsmäusen gezielt auszuschalten und die Veränderungen im Genom so zu verankern, das sie von Generation zu Generation weitervererbt werden. Diese Knock-out-Mäuse dienen als Modell für die Entwicklungsbiologie sowie für Erkrankungen wie beispielsweise Krebs, kardiovaskuläre oder neurodegenerative Erkrankungen. Forscher können auf diese Weise die Funktion einzelner Gene und die Ursachen von Krankheiten identifizieren. Ziel ist die Entwicklung neuer Medikamente.

Doch das Rattengenom auf ähnliche Weise zu verändern erwies sich – aus bisher unbekannten Gründen – als zu schwierig. Jetzt haben Zsuzsanna Izsvák und Zoltán Ivics vom Max-Delbrück- Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch zusammen mit F. Kent Hamra von der Southwestern University im texanischen Dallas nach einer alternativen Methode gesucht, um doch noch Knock-out-Ratten zu entwickeln.

Transposon „Dornröschen“ als Werkzeug

Dazu nutzten sie das von ihnen generierte springende Gen „Dornröschen“. Springende Gene haben die Eigenschaft, sich spontan und an einen zufälligen Ort in ein Genom einzuschleusen, teilweise sogar mehrfach und an unterschiedlichen Stellen. Dabei verändern sie die ursprüngliche Gensequenz, so dass das Ursprungsgen verändert oder gänzlich inaktiviert wird. Das von den Forschern benutzte Transposon „Dornröschen“ bringt sich jedoch nur ein einziges Mal in ein Genom ein, was für die Zuordnung eines inaktivierten oder veränderten Gens zu einem Krankheitsbild sehr wichtig ist.

Die Wissenschaftler fügten das Transposon in das Erbgut von Spermienvorläuferzellen von Ratten ein und implantierten diese veränderten Vorläuferzellen dann anderen männlichen Ratten, wo sie sich zu Samenzellen entwickelten. Die Nachkommen dieser Ratten wiesen tatsächlich den gewünschten „Knock-out“ auf.

Neue Studienmöglichkeiten am Rattenmodell

„Mit der Transposon-Mutagenese steht eine alternative und erfolgreiche Technologie zu Verfügung, um knock-out-Ratten für die medizinische Forschung zu erhalten“, so Ivics. „Wir können nun endlich systematisch genetische Studien im Ratten-Modell durchführen. Vom Krankheitsbild ausgehend können wir nach den auslösenden Genen fahnden und Rückschlüsse auf die Krankheitsursache ziehen. Dies war bislang bei Ratten nicht möglich.“

(Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), 20.05.2010 – NPO)

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