Altes, an den Plattengrenzen in die Tiefe gesunkenes Krustengestein beeinflusst nicht nur Chemie und Strömungen im unteren Mantel, es erzeugt auch „Dellen“ in der Schwerkraft der Erde. Diese jetzt in „Nature Geoscience“ veröffentlichte Erkenntnis erklärt einige lange Zeit rätselhafte Einsenkungen im „Geoid“, der Schwerkraftabbildung unseres Planeten.
In Bezug auf ihre Schwerkraft betrachtet gleicht die Erde eher einer Kartoffel als einer Kugel: Sie ist an einigen Stellen eingedellt, an anderen ausgebeult. Diese Unebenheiten entstehen unter anderem durch Bereiche besonders hoher Dichte in der Erdkruste oder im Erdmantel. So befinden sich beispielsweise große Senken rund um den Pazifischen Ozean, im Westen des Atlantik, unter dem Rossmeer in der Antarktis oder unter den Tiefseegräben des Indischen Ozeans. Ihre Ursache war bisher jedoch noch unklar.
„Plattenfriedhof“ im unteren Mantel
Jetzt haben Wissenschaftler des California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena um Sonja Spasojevic mit Hilfe eines neuen Modells festgestellt, dass viele dieser Stellen mit niedriger Schwerkraft dort auftreten, wo Gestein der Erdkruste durch die Plattentektonik in die Tiefe gedrückt wird. An den Plattengrenzen, an denen zwei tektonische Platten aufeinander zu wandern, wird eine der beiden subduziert, sie sinkt wegen ihrer hohen Dichte bis in den unteren Mantel hinab und bildet dort einen „Plattenfriedhof“.
Das Absinken der dichteren Krustenplatten erzeugt Turbulenzen im Mantel, die leichteres, weniger dichtes Gestein aus tieferen Schichten nach oben befördert. Dieser Aufstieg, möglicherweise verbunden mit chemischen Reaktionen zwischen abgesunkenen Krustenplatten und Mantelgestein, sorgt für ein regionales Absinken der Schwerkraft und verändert damit auch das Geoid – die Kartoffel erhält eine Delle.
(Nature, 10.05.2010 – NPO)