Am derzeit weltgrößten Spiegelteleskop, dem Large Binocular Telescope (LBT), ist eine drei Tonnen schwere Kombination aus Kamera und Spektrograph – LUCIFER 1 – in Betrieb genommen worden. Das Instrument auf dem Mount Graham in Arizona soll spektakuläre neue Einblicke ins Universum ermöglichen – von unserer Milchstraße bis hin zu den am weitesten entfernten Galaxien.
Sein Zwilling (LUCIFER 2) wird voraussichtlich Anfang 2011 nach mehr als einem Jahrzehnt Entwicklung, Produktion und Tests am Teleskop ebenfalls zum Einsatz kommen. Dies teilte das für den Bau des Instruments verantwortliche Konsortium deutscher Institute in Zusammenarbeit mit dem Astronomischen Institut der Ruhr-Universität Bochum (AIRUB) jetzt mit.
LUCIFER erblickt das Licht
3.200 Meter über dem Meeresspiegel in den Pinaleo Mountains in Arizona blickt das LBT in den klaren Nachthimmel. Ausgestattet mit zwei 8,4 Meter-Spiegeln bildet es als einzigartige Konstruktion das derzeit größte Teleskop der Welt. Das gesammelte Licht wird über weitere Spiegel bis zu LUCIFER 1 gelenkt. Die Kamera-/Spektrograph-Kombination ist speziell für Untersuchungen im nah-infraroten Spektralbereich gebaut worden. Deswegen wird nur dieser für das Auge nicht sichtbare Anteil des Lichts in das Instrument weiter geleitet.
Inbetriebnahme-Phase am weltgrößten Teleskop
Viele Aufenthalte der Bochumer Astronomen am LBT waren notwendig, um LUCIFER1 wissenschaftlich in Betrieb nehmen zu können. Dabei spielt die Software zur Bedienung und Ansteuerung der Kamera und des Teleskops die entscheidende Rolle. Erst sie ermöglicht dem Astronomen, das hochkomplizierte System für seine wissenschaftlichen Ziele einzusetzen. Verantwortlich für das Softwaresystem sind die Astronomen aus Bochum. Die Software wurde am Astronomischen Institut der RUB geplant, entwickelt und dann am Teleskop mit LUCIFER1 in Betrieb genommen.
„Es ist schon beeindruckend zu sehen, wie unsere Software das 580 Tonnen schwere Teleskop auf den gewünschten Ort am Himmel richtet, gleichzeitig für LUCIFER1 die gewünschte Konfiguration einstellt und dann die Gewinnung der wissenschaftlichen Daten beginnt – und das alles völlig automatisiert“, sagt Projektleiter Marcus Jütte stolz. „Durch die Komplexität der Instrumente bekommt die Software eine große Bedeutung für den Erfolg“. Dafür verbrachte er zusammen mit seinem Mitarbeiter Volker Knierim mehrere Monate auf 3.200 Meter Höhe am LBT. „Die Arbeitsbedingungen waren außergewöhnlich dort oben. Im Winter waren wir auch schon mal mehrere Tage von der Außenwelt abgeschnitten“, erzählt Knierim.
Der Spektrograph
LUCIFER ist ein Mehrzweckinstrument: Damit es nicht selbst störende nah-infrarote Wärmestrahlung abgibt, wird es auf bis zu -213 Grad Celsius gekühlt. Es ermöglicht die Aufnahme eines großen Himmelausschnitts mit einer einzigartigen Fülle an Details. Neben der Aufnahme von Bildern mit bis zu 18 hochqualitativen Filtern erlaubt LUCIFER die simultane Spektroskopie von etwa zwei Dutzend Objekten im Infraroten durch lasergefertigte Schlitzmasken.
Gewechselt werden die Masken mittels eines Roboters, der die Masken aus einem Magazin entnimmt und präzise in der Brennebene positioniert. Als ein Novum erlaubt es LUCIFER, ein ganzes Magazin mit Masken bei der extrem niedrigen Betriebstemperatur zu wechseln. Da sich das Innere des Instruments fast im Vakuum befindet, ist das Öffnen zum Entnehmen des Magazins ein äußerst aufwendiger Prozess. „Die Software muss die nötigen Abläufe zum Magazinwechsel absolut verlässlich durchführen – ein Fehler würde zur Zerstörung des Instruments führen“, sagt Kai Polsterer, Mitarbeiter am Astronomischen Institut.
In ferne Welten schauen
Die jetzt mit LUCIFER 1 möglichen Beobachtungen im Infrarotlicht sind bedeutend, um die Entstehung von Planeten und Sternen in unserer Milchstraße zu erforschen oder den Geheimnissen der fernsten und jüngsten Galaxien auf die Spur zu kommen.
„In Kombination mit der großen Lichtstärke des LBT sind die Astronomen nun in der Lage, die spektralen Fingerabdrücke der schwächsten und am weitesten entfernten Objekte im Kosmos zu sammeln“, sagt Richard Green, der Direktor des LBT. „Nach der Fertigstellung der adaptiven Sekundärspiegel des LBT zur Korrektur atmosphärischer Turbulenzen wird LUCIFER seine volle Leistungsfähigkeit zeigen.“
(idw – Ruhr-Universität Bochum, 03.05.2010 – DLO)