Klima

Rinder verringern Lachgas-Emissionen

Extensive Viehhaltung auf Steppen senkt Lachgas-Freisetzung aus den Böden

Langzeitstudie in der Mongolei: KIT-Wissenschaftler studierten ein Jahr lang die Auswirkungen von Beweidung auf die Entstehung von Lachgas im Boden. © KIT

Rinder gelten als Treibhausgas-Schleudern schlechthin, denn sie setzen jede Menge Methan und Lachgas frei. Doch das geschmähte Vieh kann unter bestimmten Umständen die Lachgas-Emissionen sogar verringern – dann, wenn sie in Steppen- und Präriegebieten weiden. Das zeigt eine jetzt in „Nature“ veröffentlichte Studie an Böden in der Mongolei.

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Nach Kohlendioxid (CO2) und Methan gehört Lachgas (N2O) zu den Hauptverursachern des Klimawandels. Ein Kilogramm N2O ist rund 300 Mal treibhauswirksamer als die gleiche Menge CO2. Vom Menschen verursachte Emissionen des Spurengases entstehen zu rund 60 Prozent in der Landwirtschaft, zum Beispiel beim mikrobiellen Abbau der stickstoffhaltigen Exkremente

weidender Schafe oder Rinder im Erdreich. Bisher gingen Wissenschaftler deshalb davon aus, dass auch die Haltung großer Viehbestände in Steppen- und Präriegebieten zur stetig wachsenden Lachgaskonzentration in der Atmosphäre beiträgt – entsprechende Kalkulationen flossen in die Berichte des als Weltklimarat bekannten Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC).

Lachgasmessungen in der Mongolei

„Ein großer Irrtum“, erklärt Professor Klaus Butterbach-Bahl vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des KIT in Garmisch-Partenkirchen. „Tatsächlich emittieren nicht zur Viehhaltung genutzte Flächen auf Jahressicht größere Mengen an Lachgas als beweidete Steppenflächen“. Dies ermittelten die Wissenschaftler gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in der Inneren Mongolei, China. Über ein gesamtes Jahr unterhielten sie in dem menschenleeren, im Winter bis zu -40°C kalten Steppengebiet mehrere Messstationen. Unterstützung kam von Wissenschaftlern der Chinese Academy of Sciences und dem schottischen Centre for Ecology and Hydrology in Midlothian.

Böden kälter und trockener durch Viehbeweidung

„Bisherige Kurzzeituntersuchungen übersehen, dass die Abgabe bedeutender Lachgas-Mengen aus Steppenböden an die Atmosphäre ein natürlicher Prozess ist und ein Großteil der natürlichen Lachgas- Emissionen auf die Tauperiode im Frühjahr entfallen“, erklärt Butterbach-Bahl die neuen Ergebnisse. Die Viehhaltung bewirkt, dass genau diese Emissionen deutlich zurückgehen. Die durch Beweidung verringerte Grashöhe hat zur Folge, dass Schnee leichter vom Wind weitertransportiert wird und somit die Schneehöhe niedriger bleibt als bei unbeweideten Grasflächen.

Einerseits sind beweidete Böden dadurch im langen und kalten Winter schlechter isoliert und daher um bis zu 10°C kälter. Andererseits bleiben beweidete Steppe-Böden durch die geringere Schneeauflage in der Tauperiode im März trockener. Kälte und Trockenheit hemmen dann mikrobielle Aktivitäten in der Tauperiode. Als Folge gibt das Erdreich bedeutend weniger Lachgas ab.

Emissionen um 72 Prozent überschätzt

Diese „Einsparungen“ übersteigen deutlich die „normale“ Stimulierung der Lachgasemissionen durch die Exkremente der Tiere – mit weitreichenden Folgen: Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass bisherige Berechnungen die Lachgasemissionen gewaltiger Flächen – etwa ein Fünftel der Gesamtfläche der Landmasse der gemäßigten Breiten sind Grasland – um rund 72 Prozent überschätzen.

Ein positives Signal für den Klimawandel sind die Ergebnisse jedoch nicht. Die stetig wachsende Lachgaskonzentration in der Atmosphäre ist ein Faktum. „Unsere Arbeit zeigt lediglich, dass noch viel Forschungsarbeit notwendig ist, um die Quellen für atmosphärisches Lachgas wirklich zu verstehen“, sagt Butterbach-Bahl. Auch die extensive Beweidung durch Vieh muss kein praktikabler Ansatz sein. Viehwirtschaft setzt in großen Mengen klimawirksames Methan frei, das die Studie nicht berücksichtigte. Dennoch weist die KIT-Studie einen Weg, um die Treibhausgasbilanz von Grassteppen zu verbessern: herbstliches Heumachen könnte die Grashöhe und somit die winterliche Schneehöhe genauso wie die Lachgas-Emissionen in der Tau-Periode verringern.

(Karlsruher Institut für Technologie, 08.04.2010 – NPO)

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