Geowissen

Eisteilchen befeuchten Stratosphäre

Klimaforscher präsentieren neuen Isotopeneffekt im atmosphärischen Wasserkreislauf

Mit dem Messinstrument MIPAS auf dem europäischen Umweltsatelliten ENVISAT werden mehr als 30 Spurengase gleichzeitig gemessen. © ESA

Einem internationalen Forscherteam ist es gelungen, mittels satellitengestützter Messungen von „schwerem“ Wasserdampf in der oberen Atmosphäre neue Hinweise zur vertikalen Luftmassen-Zirkulation zu erhalten. Diese Erkenntnisse dienen dazu, die Wechselwirkungen zwischen dem Klimawandel und der Chemie der stratosphärischen Ozonschicht zu verstehen, berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“.

Normalerweise friert Wasser spätestens an der sehr kalten Grenze zwischen der Troposphäre – der untersten Schicht der Atmosphäre, in der sich auch das Wetter abspielt – und der darüber liegenden Stratosphäre, also in etwa zehn bis 15 Kilometern Höhe, aus und es bilden sich Wolken.

„Schweres“ Wasser friert schneller

Die Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) nutzten zusammen mit Kollegen von den Universitäten in Cambridge, Großbritannien, und Utrecht, Niederlande, bei ihren Untersuchungen den Effekt, dass bei der Kondensation von Wasserdampf zu Eis so genanntes „schweres“ Wasser (HDO) schneller gefriert als normales Wasser.

Im verbleibenden Wasserdampf ist deshalb das Hauptisotop H2O gegenüber dem schweren Wasser stärker konzentriert als in solchen Luftmassen, in denen keine Kondensation, also keine Wolkenbildung, stattgefunden hat. So ist es den Wissenschaftlern möglich, den Weg des Wasserdampfes von der Troposphäre in die darüber liegende viel trockenere Stratosphäre zu beobachten.

Rolle der Wolkenbildung bei Wassertransport aufgedeckt

Aus den gemessenen Verhältnissen zwischen schwerem Wasser HDO und dem Hauptisotop H2O konnten die Wissenschaftler jetzt erstmals beobachten, welche Rolle die Wolkenbildung beim Transport von Wasser in die Stratosphäre spielt. Durch die Eis- bzw. Wolkenbildung an der Grenze zwischen Troposphäre und Stratosphäre gelangt in der Regel extrem trockene Luft von unten in die Stratosphäre.

Die Messungen zeigen aber, dass das Wasser-Isotopenverhältnis HDO/H2O großen jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen ist. Dies deutet darauf hin, dass Eisteilchen in tropischen Gewitterwolken durch Auftrieb in große Höhen gelangen, wo sie dann wieder verdampfen und so zur Befeuchtung der Stratosphäre beitragen.

Wasser mit Schlüsselrolle in der Erdatmosphäre

„Wasser und seine Isotope spielen in der vielfältigen chemischen Zusammensetzung der Erdatmosphäre eine Schlüsselrolle, denn Wasser ist ein wichtiges Treibhausgas und seine Konzentrationen in der oberen Troposphäre und in der unteren Stratosphäre sind von größter Relevanz für den Klimawandel“, erläutert Gabriele Stiller vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).

Am IMK werden die Messungen des im Institut konzipierten MIPAS- Instruments – Michelson-Interferometer For Passive Atmospheric Sounding -, eines der Hauptinstrumente an Bord des europäischen Umweltsatelliten Envisat, ausgewertet. Seit 2002 umkreist er die Erde in etwa 800 Kilometer Höhe und überwacht und misst mehr als 30 Spurengase gleichzeitig. Neben Ozon und Wasserdampf gehören dazu die Stickoxide und verschiedene Fluorchlorkohlenwasserstoffe. Da MIPAS die von den Molekülen emittierte Infrarotstrahlung – Wärmestrahlung – misst, kann es sowohl bei Tag als auch bei Nacht Spektren aufnehmen.

Schweres Wasser

Das schwere Wasser HDO enthält im Vergleich zu normalem Wasser H2O anstatt zweier Wasserstoffatome (H) ein Wasserstoffatom und ein „schweres“ Deuteriumatom (D). Im Gegensatz zum Wasserstoffatom, dessen Atomkern nur aus einem einzigen Proton besteht, enthält der Deuteriumkern außer diesem Proton auch ein Neutron. Selbst Ozeanwasser enthält normalerweise nur etwa 0,03 Prozent HDO, in der Atmosphäre ist der Anteil – durch die vielfältigen Verdunstungs- und Kondensationsprozesse – noch geringer und sehr variabel.

(idw – Karlsruher Institut für Technologie, 31.03.2010 – DLO)

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