Auf dem Saturnmond Enceladus schleudern Eisgeysire in der Südpolregion Teilchen ins All. Dabei entkommen die schnellen Partikel der Anziehungskraft des Mondes, landen im E-Ring von Saturn und werden zum Großteil von Enceladus wieder eingesammelt. Die langsameren Eisteilchen dagegen sorgen für leichten Schneefall in der Umgebung der Geysire. Das haben jetzt Forscher mit dem Staubdetektor an Bord der Raumsonde Cassini herausgefunden. In ihrer neuen Studie, über die sie in der Fachzeitschrift „Icarus“ berichten, verglichen sie Modellrechnungen mit Messungen der Raumsonde.
Enceladus stößt Fontänen von mikroskopischen Eispartikeln und Wasserdampf aus, die den diffusen äußeren E-Ring um Saturn speisen. Durchflüge von oben nach unten durch diesen Ring ermöglichten Messungen seiner Dicke und Struktur. Das wichtigste Instrument war der Staubdetektor CDA des Heidelberger Max-Planck-Instituts für Kernphysik.
„Die Daten lieferten unerwartete Details darüber, wie der Ring mit Material versorgt wird“, erklärt Sascha Kempf. „Mit unseren Modellrechnungen und Simulationen konnten wir auch den Teilchenausstoß einzelner Eisgeysire ableiten.“
Enceladus sammelt Eispartikel ein
Sowohl die Produktionsraten der Eisgeysire als auch die dynamischen Eigenschaften der Eispartikel variieren nach Angaben der Forscher erheblich. Die meisten der ausgestoßenen Teilchen werden von Enceladus während der folgenden zwei Umläufe um Saturn wieder eingesammelt, während die restlichen Teilchen vermutlich 50 bis 400 Jahre im Ring bleiben.
Bei ungefähr senkrechten Durchflügen durch den E-Ring fanden die Wissenschaftler auf den ersten Blick die erwartete glatte Glockenkurve für die Verteilung der Teilchen mit dem Maximum in der Mitte und Ausdünnen nach oben und unten. Unerwartete Spitzen in der Verteilung – vor allem in der Nähe von Enceladus – erwiesen sich bei genauerer Untersuchung nicht etwa als statistische Fluktuationen, sondern als echt: Sie spiegeln den Teilchenausstoß einzelner Eisgeysire wider. Die Aktivität jedes einzelnen Geysirs ist in der vertikalen Struktur des Rings abgebildet. Die Stärke der Spitzen zeigt, dass einige Geysire mehr ausstoßen als andere; dadurch verraten sich ihre Auswürfe auch noch in großer Entfernung.
„Schneefall“ auf der Enceladusoberfläche
Die Berechnungen der Teilchenflugbahnen durch die Wissenschaftler ergaben, dass größere Partikel mit Durchmessern über 0,7 Mikrometer – tausendstel Millimeter – nur dauerhaft von Enceladus in den E-Ring entkommen können, wenn sie deutlich schneller sind als 207 Meter pro Sekunde – der Fluchtgeschwindigkeit von der Enceladusoberfläche. Dagegen werden kleinere Teilchen von den elektromagnetischen Kräften im rotierenden Magnetfeld des Saturns mitgerissen und können auf diese Weise leichter von Enceladus entkommen. Dort vorhandene Ionen laden die zunächst neutralen Teilchen auf.
Wie die Wissenschaftler weiter berichten, liefert das Modell auch Aussagen darüber, wo und wie viel des Auswurfmaterials der Eisgeysire als „Schneefall“ auf der Enceladusoberfläche niedergeht: Unabhängig von ihrer Größe landen die meisten Eispartikel in unmittelbarer Nähe der Schlote in der so genannten Tigerstreifenregion im Südpolargebiet. Dort wächst die Schneedecke jährlich allerdings nur um einen halben Millimeter.
Auf der Suche nach Variationen in der Eisgeysir-Aktivität
Frühere optische Messungen der Raumsonde Cassini ergaben, dass die Eiskörnchen auf der Enceladusoberfläche am Südpol erheblich größer sind als die von den Geysiren ausgestoßenen Teilchen. Außerdem nimmt ihre Größe mit zunehmendem Abstand von den Tigerstreifen ab. Das lässt sich durch physikalische Vorgänge auf der Oberfläche erklären, so die Forscher: Kleine Körnchen wachsen durch Umkristallisieren oder Zusammenbacken unter dem Einfluss lokaler Wärme; andererseits schlagen Mikrometeoriten Körner aus der Eisoberfläche.
Weitere Messungen bei Durchflügen durch den E-Ring und nahen Vorbeiflügen an Enceladus während der verlängerten Cassini-Mission sollen den Forschern helfen, mögliche Variationen in der Aktivität der Eisgeysire zu entdecken. Sie schlagen vor, mit den Kameras und Spektrometern die Farben der einzelnen Fontänen zu analysieren, um die Größenverteilung der Eispartikel darin zu bestimmen.
(idw – Max-Planck-Gesellschaft, 24.03.2010 – DLO)