Geowissen

Neue Schwefelform im Untergrund entdeckt

Trischwefel-Ion erstmals auch in wässriger Lösung nachgewiesen

Tri-Schwefel-Ion (S3-) in einer Diamantzelle © G.S. Pokrovski, L.S. Dubrovinsky

Das Blau des Lapislazuli oder des Pigments Ultramarin entstehen durch eine spezielle Form des Schwefels, ein dreifach negatives Ion. Jetzt hat ein internationales Forscherteam diese Schwefelform überraschenderweise auch in wässriger Lösung nachgewiesen – in den heißen, unter hohem Druck stehenden hydrothermalen Flüssigkeiten im Erdinneren. Wie sie in „Science“ berichten, könnte diese dort erstaunlich stabile Form des Schwefels eine wichtige Rolle unter anderem für den Transport von Edelmetallen im Untergrund spielen.

Schwefel ist das sechsthäufigste Element der Erde. In vielen geologischen und biologischen Prozessen spielen Schwefelverbindungen eine Schlüsselrolle. Bisher glaubten Geochemiker, dass es im Inneren der Erde nur zwei Formen von schwefelhaltigen Molekülen gibt: Sulfide und Sulfate. Ob das allerdings tatsächlich so ist und ob dies beispielsweise auch für die hydrothermalen Flüssigkeiten gilt, die in den winzigen Gesteinsporen und Ritzen der Erdkruste und des Mantels fließen, wusste bisher niemand. Eine direkte Beprobung war nicht möglich.

Extrembedingungen im Labor nachgebaut

Um diese Frage dennoch zu beantworten, hat jetzt ein französisch-deutsches Forscherteam kurzerhand die hydrothermale Flüssigkeit und die in ihr herrschenden Bedingungen im Labor nachgebaut. Dafür erzeugten sie zunächst eine wässrige Lösung von elementarem Schwefel und Thiosulfaten und gaben sie in eine Diamantzelle. Diese setzten sie dann Temperaturen von mehreren hundert Grad und einem Druck von mehreren zehntausend Atmosphären aus – entsprechend den Bedingungen in einigen Kilometern Tiefe.

Mit Hilfe der Raman-Spektroskopie einem Verfahren, das die chemische Zusammensetzung von Stoffen anhand der unterschiedlichen Streuung im Laserlicht misst – bestimmten die Forscher anschließend die in der Diamantzelle vorliegenden Schwefelformen.

Tri-Schwefel-Ion erstmals auch in wässriger Lösung

Zu ihrem Erstaunen fanden sich darin nicht nur zwei, wie erwartet, sondern gleich drei verschiedene Formen des Schwefels. Neben Sulfid und Sulfat auch ein Tri-Schwefel-Ion (S3-). Das ist aus gleich einem zweifachen Grund eine Überraschung: Zum einen ist diese Schwefelform noch nie in einer wässrigen Lösung beobachtet worden, sie findet sich allerdings in schwefelhaltigem Silikatglas und dem Pigment Ultramarin. Möglicherweise sorgt das blau gefärbte Ion daher dafür, dass auch die tief im Untergrundgestein verborgenen hydrothermalen Flüssigkeiten knallblau gefärbt sind.

Zum anderen bedeutet dieser Fund, dass Schwefel in den hydrothermalen Flüssigkeiten des Untergrunds weitaus mobiler vorliegt als bisher angenommen. Denn im Gegensatz zu Sulfiden und Sulfaten, die sich sehr schnell aus Flüssigkeiten an Mineralien anlagern, scheint das Trischwefel-Ion in wässriger Phase extrem stabil zu sein. Das aber bedeutet, dass diese Ionen über lange Strecken hinweg mit dem Wasser mitfließen und mit ihnen beispielsweise auch die Edelmetall-Ionen, mit denen sie sich verbinden.

Indikator für Lagerstättenbildung?

Diese Entdeckung hat große Bedeutung auch für die Suche nach Lagerstätten von Bodenschätzen: Denn die Forscher gehen davon aus, dass diese Schwefelform auch der Haupt-Transporteur von Metallen in den Gold- und Kupfer-reichen Gesteinen der Erdkruste sein könnte: den archaischen Grünsteingürteln und den Magmas der Subduktionszonen. Die Präsenz von Trischwefel in hydrothermalen Flüssigkeiten könnte daher die Wege zeigen, in denen die Metalle zu Erzadern transportiert werden.

Möglicherweise bedeutet die überraschend starke Präsenz dieser Schwefelform im Untergrund auch, dass beispielsweise die bei Vulkanausbrüchen freiwerdenden Schwefelgase größtenteils aus dieser Quelle stammen. Schwefelhaltige Flüssigkeit kommt in Vulkanschloten mit dem aufsteigenden Magma in Kontakt, verdampft und wird zu gasförmigen Schwefelverbindungen. (Science, 2011; doi:10.1126/science.1199911)

(CNRS, 20.03.2010 – NPO)

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