Astronomen haben erstmals einen Weißen Zwerg entdeckt, der vor seiner Explosion als Typ 1a-Supernova über die bisher als kritisch geltende Massegrenze hinaus gewachsen ist. Für die Kosmologie bedeutet dies einen entscheidenden Einschnitt, wie die Forscher im „Astrophysical Journal“ berichten. Denn dieses so genannte Chandrasekhar-Limit bildete bisher die Basis für die Supernovae als Messlatte für kosmische Entfernungen.
Supernovae sind Explosionen von massereichen Sternen am Ende ihres Lebens. Ein spezieller Typ Supernova, der Typ 1a, entsteht dann, wenn ein Weißer Zwerg in einem Doppelsternsystem seinem Begleitstern so viel Material absaugt, dass er dabei eine kritische Masse überschreitet. Diese Grenze, das so genannte Chandrasekhar-Limit, liegt bei rund 1,4 Sonnenmassen. Bisher galt die Lehrmeinung, dass kein Weißer Zwerg dieses Chandrasekhar-Limit überschreiten kann ohne zu explodieren. Weil dieser Supernovatyp auf einer so festen Massen- und damit auch Helligkeitsgrenze beruht, nutzten Astronomen ihn auch als „Messlatte“ für kosmische Entfernungen.
Rätsel der Super-Supernovas
Doch seit 2003 haben Astronomen gleich vier Supernovae entdeckt, die so hell waren, dass der Verdacht bestand, die auslösenden Weißen Zwerge könnten vor der Explosion massereicher gewesen sein als das Limit erlaubt. Doch nachweisen ließ sich das für diese „Super- Chandrasekhar“-Supernovae nicht – bis jetzt. Denn eine Kollaboration von amerikanischen und französischen Astronomen, die „Nearby Supernova Factory“, hat nun erstmals die Masse des Weißen Zwergs gemessen, der in einer dieser Super-Supernovas explodiert war.
Mit Hilfe von Teleskopen in Chile, auf Hawaii und in Kalifornien gelang es den Forschern, die Supernovarelikte von SN 2007if zu vermessen und daraus die Massen der Komponenten abzuleiten. Es zeigte sich, dass die Supernova nicht nur eine zentrale Masse aufwies, sondern zusätzlich sowohl eine Materieschale, die während der Explosion ausgeschleudert wurde, als auch eine umgebende Hülle aus bereits zuvor dort existierenden Gasen und Stäuben.
Weißer Zwerg wuchs über Limit hinaus
Für den zentralen Weißen Zwerg ermittelten die Astronomen tatsächlich 2,1 Sonnenmassen – und damit ganz klar eine Überschreitung des Chandrasekhar-Limits. Warum es offenbar doch Weiße Zwerge gibt, die über dieses Limit hinaus wachsen können, ohne unter ihrer eigenen Masse zu kollabieren, das müssen Theoretiker nun klären. Nach Ansicht von Richard Scalzo von der Yale Universität, einem am Projekt beteiligten Astronomen, könnte möglicherweise eine Kollision zweier Weißer Zwerge für die ungewöhnliche Entwicklung dieses Sternensystems verantwortlich sein. Das aber muss erst durch weitere Beobachtungen geklärt werden.
Muss die kosmische Messlatte neu geeicht werden?
In jedem Falle bedeutet die Entdeckung, dass auch die Nutzung von Typ 1a-Supernovae als kosmische Messlatten überdacht werden muss. „Supernovae werden genutzt, um Aussagen über das Schicksal des Universums und unsere Theorie der Gravitation zu machen“, erklärt Scalzo. „Wenn unser Verständnis dieser Supernovae sich ändert, sind auch unsere Theorien und Vorhersagen betroffen.“
(Yale University, 17.03.2010 – NPO)