Ein Handy, das Stromfresser aufspürt und meldet, ein Kühlschrank, der schon mal vorkühlt, bevor der Strom teurer wird – neue Technologien und Softwarelösungen ermöglichen es zukünftig, den Stromverbrauch im Haushalt viel genauer zu steuern und damit auch Kosten zu sparen. Basis dieser Systeme: vernetzte Systeme und mobile Anwendungen, beides auch Schwerpunkte der diesjährigen CeBIT.
Das Stromangebot und auch der Verbrauch sind nicht kontinuierlich: Nachts, wenn alles schläft, gibt es einen Überfluss, morgens und abends kommen die Energieversorger kaum nach. Ein antizyklischer Stromverbrauch könnte diese Berg-und-Tal-Fahrt abmildern und damit auch Kosten sparen. Eine Möglichkeit, diese Angleichung zu schaffen, sind Preisanreize: Wenn das Angebot hoch ist, fällt der Preis und umgekehrt. Gefragt sind dann Geräte, die sich intelligent an die gerade herrschende Preissituation anpassen könne. Waschmaschinen, die nachts alleine starten oder Kühlschränke, die vor der abendlichen „Primetime“ schon mal vorkühlen.
Software reagiert auf Preisentwicklung
Professor Frank Bomarius, stellvertretender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering IESE in Kaiserslautern, und sein Team entwickeln zurzeit eine Software, die hinter dem Stromzähler sitzt und dafür sorgt, dass der Energieverbrauch entsprechend angepasst wird. „Informationen über die erwartete Preisentwicklung in den nächsten Minuten und Stunden kommen von außen, also vom Energieversorger, kurz EVU“, sagt der Informatiker. Diese müssen kombiniert werden mit den Bedürfnisse und Präferenzen des Verbrauchers. „Unser System sorgt dafür, dass die Geräte im Haushalt gemäß dieser Vorgaben optimal gesteuert werden.“
Kühlschrank als Energiespeicher
Dabei geht es nicht einfach darum, Klimaanlage oder Waschmaschine kurzfristig abzuschalten, wenn der Strompreis steigt. Viel intelligenter ist es beispielsweise, Kühl- oder Gefrierschrank als Energiespeicher zu nutzen. „Meldet der Energieversorger, dass in zwei Stunden der Strom knapp und teuer wird, können diese Geräte ihren Inhalt bereits vorkühlen und so dafür sorgen, dass sie danach über längere Zeit keinen Strom benötigen“, erklärt Bomarius. Entsprechendes gilt für die Warmwasserbereitung oder Heizung.
Computer bestimmt Maximalwert
Steuern lässt sich das System von einem PC, dort gibt der Verbraucher seine Wünsche ein: Er bestimmt die Temperatur für das Kühlen oder Heizen, nennt einen Höchstpreis, den er für die Kilowattstunde bezahlen will, oder limitiert den maximalen Verbrauch. Danach errechnet die Software, wann welche Geräte im Haushalt ein- und ausgeschaltet werden. Der direkte Zugriff des Computers auf Waschmaschine oder Heizung erfolgt über elektrische Leitungen oder über Funk. In der Praxis wird das intelligente Energiemanagement auf demselben Rechner laufen, der auch andere Funktionen des Hauses steuert: Licht und Heizung, Rollläden, Schließanlage oder die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen im Haushalt.
Erste Praxistests noch in diesem Jahr
2010 soll das System in Kaiserslautern in einigen Wohnungen praktisch erprobt werden. Natürlich eignet es sich auch für große Wohnanlagen, öffentliche Gebäude oder Geschäftshäuser. Dort ist häufig bereits eine zentrale Haustechnik vorhanden, auf die das Energiemanagement aufsetzt. Wie die Kommunikation mit den Versorgern aussehen wird, darüber verhandeln die Forscher im Kaiserslauterer Projekt mit dem lokalen Energieversorger. „Wir wollen die Schnittstelle ganz schmal halten“, so Bomarius. „Es ist nicht einzusehen, warum mein Energieversorger wissen und beeinflussen soll, wann ich kühle, heize, fernsehe oder koche.“
Handy verrät Stromfresser
Und noch eine andere Unterstützung beim Strom- und Kostensparen haben die Forscher auf Lager: Forscher des Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT in Sankt Augustin haben eine Anwendung entwickelt, die den Energieverbrauch der einzelnen Geräte im Haushalt aufzeigt. So lassen sich die Energiefresser im eigenen Zuhause ermitteln, und die Verbraucher bekommen ein Gefühl dafür, welche Geräte wie viel Energie verbrauchen, wo sich also auch viel einsparen lässt. Basis dafür ist die vom Institut entwickelte Middleware „Hydra“, die um ein spezielles Energieprotokoll erweitert wurde.
„Mit seinem Mobiltelefon als Anzeige- und Steuergerät kann der Bewohner den Energieverbrauch seiner Geräte kontrollieren“, erklärt Markus Eisenhauer, der das System entwickelt. „So kann er sich beispielsweise den Verbrauch pro Raum anzeigen lassen, Geräte ein- und ausschalten oder Lampen dimmen.“ Und es gibt noch einen besonderen Clou: Das Kamerabild des Handys kann als „magische Linse“ benutzt werden. Dazu richtet man die Kamera auf das entsprechende Gerät und erhält wie von Geisterhand den dazu passenden momentanen Stromverbrauch.
(Fraunhofer Gesellschaft, 03.03.2010 – DLO)