Rund zwei Tage nach den schweren Unwettern auf der portugiesischen Insel Madeira wird langsam das ganze Ausmaß der Naturkatastrophe deutlich. Nach Behördenangaben ist die Zahl der Todesopfer mittlerweile auf 42 gestiegen. 120 Bewohner der betroffenen Regionen wurden zum Teil schwer verletzt, vier weitere gelten zurzeit noch als vermisst. Noch immer suchen Rettungsmannschaften verzweifelt nach den Verschollenen.
Am 19. und vor allem am 20. Februar 2010 war es auf der auch bei Deutschen sehr beliebten Ferieninsel zu lang anhaltenden sintflutartigen Regenfällen gekommen. Sie lösten vielerorts Überschwemmungen, Erdrutsche und Schlammlawinen aus, die größere Teile Madeiras verwüsteten. So wurden unter anderem zahlreiche Gebäude sowie Telefon- und Stromleitungen beschädigt. Es gab aber auch gab Chaos im Straßen- und Flugverkehr und viele Schulen blieben geschlossen. Einige Orte im Inselinneren waren zudem längere Zeit komplett von der Außenwelt abgeschnitten.
Tief Undiine verbreitet Angst und Schrecken
Verantwortlich für das Wettergeschehen auf Madeira war nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) Tief Undine, das mit seinem Frontensystem Madeira überquerte. Dieses System bestand aus einer Warm- und einer Kaltfront, die auf Höhe der Insel ziemlich eng beieinander lagen. Insbesondere letztere hat durch hoch reichende Regenwolken viel Niederschlag gebracht. Hinzu kam ein kräftiger südlicher Wind mit im Mittel Windstärke 6 bis 8. Die Regenwolken stauten sich an den südlichen Hängen einer Bergkette, die sich in der Mitte der Insel erstreckt und dessen höchste Erhebung der Pico Ruivo mit 1.862 Metern ist. Dadurch erhöhten sich die Niederschlagsmengen noch einmal deutlich.
So wurden laut dem portugiesischen Wetterdienst am Observatorium der Hauptstadt Funchal innerhalb von fünf Stunden 168 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen. Zusammengefasst war es nach den Erkenntnissen des DWD eine Kombination aus einem sehr aktiven Frontensystem und kräftigen Südwinden, die zu dem heftigen Niederschlag und damit einhergehenden Sturzfluten führten.
Unter Sturzfluten versteht man sehr plötzlich auftretende Überschwemmungen, wenn das Wasser nicht mehr durch die Kanalisation oder Flüsse abfließen kann. Durch die Bebauung in Tälern und die vielen engen Gassen ist Madeira wie auch viele andere Touristeninseln sehr anfällig für eine solche Art von Naturkatastrophen. Das Wasser bahnt sich dann wie ein kräftiger Strom seinen Weg durch Straßen und Gassen und reißt alles mit sich, was sich ihm in den Weg stellt.
Madeira kein Einzelfall
Die kräftigen Regenfälle über Madeira sind aber kein Einzelfall. Auch in vielen anderen Gebieten Südeuropas – zum Beispiel auf den Kanarischen Inseln – gab es in den letzten Tagen und Wochen zum Teil heftige Niederschläge.
Warum das so war, verrät laut dem DWD ein Blick auf die so genannte großräumige Zirkulation. In einem für europäische Verhältnisse üblichen Winter überqueren die atlantischen Tiefdruckgebiete Mitteleuropa normalerweise regelmäßig von West nach Ost. Dabei wechseln sich warme (vor dem Tief) und kalte (hinter dem Tief) Witterungsabschnitte ab. Nun gibt es zwei davon abweichende Möglichkeiten. Ist die Tiefdruckaktivität nach Norden verschoben, erreichen Mitteleuropa nur selten kalte Luftmassen und wir haben einen klassischen milden Winter. Dies hat darüber hinaus zur Folge, dass es in Südeuropa kaum regnet, da Hochdruckgebiete vorherrschend sind.
Häufige Regenfälle in Südeuropa
Das andere Extrem ist nach Angaben der Meteorologen eine nach Süden verschobene Tiefdrucktätigkeit, wie wir sie in diesem Winter vorliegen haben. Dadurch kann die warme Atlantikluft kaum nach Norden vordringen und Mitteleuropa verbleibt in der Kaltluft.
Über Nordeuropa manifestiert sich ein Hochdruckgebiet, sodass in einer östlichen Strömung zusätzlich Kaltluft heran transportiert wird. Für die Gebiete in Südeuropa bedeutet dieses Phänomen eine erhöhte Tiefdrucktätigkeit und häufige Regenfälle. Das Ganze wird zusätzlich durch zeitweise Vorstöße kalter Luftmassen über den warmen Meeresoberflächen angefacht.
Auch in den nächsten Tagen bleibt die so genannte Frontalzone über Westeuropa – also die Zone, an der sich die Haupttiefdruckaktivität abspielt – recht weit südlich verschoben. In Südeuropa ist deshalb gebietsweise auch weiterhin mit zum Teil kräftigen Niederschlägen zu rechnen, so der DWD.
(Mit Material des Deutschen Wetterdienstes, 22.02.2010 – DLO)