Lange Zeit galt die Reihenfolge der einzelnen Bausteine der DNA als alleiniger Träger der Vererbung. Die Erbinformation kann jedoch auch in Form chemischer Änderungen an der DNA oder ihrer Verpackungsproteine, den Histonen, gespeichert und an nachfolgende Generationen weitergegeben werden. Max-Planck-Wissenschaftlern ist es nun gelungen, die Aktivität von Genen aufgrund chemischer Anhängsel an den Histonen vorherzusagen. Dabei benötigen die Forscher nur wenige solcher Modifikationen, um auf die Aktivität des zugehörigen Gens schließen zu können.
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DNA-Moleküle sind sehr lang, innerhalb einer menschlichen Zelle können sie beispielsweise eine Länge von mehr als zwei Metern erreichen. Damit die DNA überhaupt in den Zellkern hineinpasst, wird sie um bestimmte „Verpackungsproteine“, die Histone, gewickelt und dabei um das rund 10.000- bis 50.000-fache verkürzt. 147 Basenpaare lange DNA-Abschnitte umschlingen dabei jeweils einen Komplex aus acht Histonen und bilden so zusammen mit weiteren Proteinen das Baumaterial der Chromosomen.
Mehr als nur Verpackungsmaterial
Neben ihrer Funktion als Verpackungsmaterial haben die Histone aber noch weitere Aufgaben. So können sie an verschiedenen Stellen mit kleinen Anhängseln wie Acetyl- oder Phosphatgruppen versehen werden. Solche Modifikationen können zum Beispiel zu einer Entpackung des Chromatins führen und damit das Ablesen der genetischen Information einleiten. Andere Anhängsel dagegen dienen der Bindung bestimmter Proteine, über welche die Aktivität der DNA reguliert werden kann.
Weiße Blutkörperchen im Visier
Die Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik in Berlin untersuchten nun in ihrer neuen Studie, wie häufig 38 Histon-Modifikationen aus einem öffentlich verfügbaren Datensatz in menschlichen weißen Blutkörperchen vorkommen. Sie verglichen die Änderungen der Histone mit der Aktivität der zugehörigen Gene. Mit Hilfe von quantitativen Modellen konnten sie zeigen, dass die Anzahl der Histonmodifikationen im Anfangsbereich eines Gens Rückschlüsse auf die Aktivität des betreffenden Gens erlaubt.
In einem weiteren Schritt konnten die Wissenschaftler um Martin Vingron dann zeigen, dass die Information über drei oder vier Modifikationen ausreicht, um die Aktivität eines Genes bestimmen zu können. Die Modelle sind dabei nicht auf weiße Blutkörperchen beschränkt, sondern können auch zu Vorhersagen in anderen Zelltypen verwendet werden.
Histon-Modifikationen entscheidend für das Ablesen von Genen
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Ablesen von Genen eng mit der Modifikation von Histonen zusammenhängt. Die Kommunikationswege zwischen den Histon-Modifikationen und der Maschinerie zum Ablesen von Genen müssen folglich sehr kurz sein“, sagt Ho-Ryun Chung, Wissenschaftler in der Abteilung Bioinformatik.
Zudem scheinen Gene mit speziellen Aufgaben anders reguliert zu werden als Gene, die Grundfunktionen erfüllen. Die Forscher fanden nämlich heraus, dass unterschiedliche Histon-Modifikationen notwendig sind, um diese Gene zu aktivieren.
(idw – Max-Planck-Gesellschaft, 10.02.2010 – DLO)