Astronomie

Wasser in Sternenscheibe entdeckt

In der Scheibe um einen jungen Stern enthält hundertmal mehr Wasser als alle Ozeane der Erde zusammen

Eine künstlerische Darstellung des jungen Sterns NGC 1333 IRAS4B. Wissenschaftler glauben, dass in der Scheibe die Planeten eines Sonnensystems entstehen. Erstmals haben sie dort auch große Wassermengen nachgewiesen. © NASA/JPL-Caltech/R. Hurt (SSC)

Wasser gilt als Elixier des Lebens – und das Weltall ist voll davon. Jetzt haben Wissenschaftler das kostbare Element in einer Scheibe um einen jungen Stern vom Typ unserer Sonne gefunden. Die Scheibe, in der später vermutlich Planeten geboren werden, beinhaltet hundertmal mehr Wasser als alle Ozeane der Erde zusammen. Die im „Astrophysical Journal“ veröffentlichten Beobachtungen werfen ein Licht auch auf die rätselhafte Herkunft von Wasser in unserem eigenen Sonnensystem.

Ein Großteil des Wassers in den Ozeanen der Erde stammt sehr wahrscheinlich aus einer instabilen molekularen Wolke, aus der einst unser Planetensystem entstand. Wo sich dieses Wasser allerdings genau gebildet hat und wie die einzelnen Moleküle schließlich vor ungefähr 4,5 Milliarden Jahren ihren Weg von der riesigen Wolke auf einen so winzigen Himmelskörper wie die Erde fanden, zählt zu den wichtigsten Fragen unserer Ursprungsgeschichte. Zwar können Astronomen nicht die Zeit zurückdrehen, um die Geburt unseres Sonnensystems zu beobachten. Aber sie nutzen Fernrohre als Zeitmaschinen, um andere Sterne zu erforschen, in deren unmittelbarer Umgebung sich neue Planeten und Planetensysteme bilden.

Junger Stern mit Wasserdampfhülle

Mit dem IRAM- Interferometer auf dem Plateau de Bure in den französischen Alpen haben Forscher um Astronomin Ewine van Dishoeck vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und dem Leiden Observatorium nun zum ersten Mal den genauen Ort einer großen Menge heißen Wasserdampfs innerhalb einer Scheibe lokalisiert, die um einen sehr jungen, sonnenähnlichen Stern kreist. Sie benutzten IRAM, um gezielt nach den schwereren Wassermolekülen in der Umgebung von NGC 1333 IRAS4B zu fahnden – einem jungen Stern, der sich erst vor ungefähr 10.000 bis 50.000 Jahren bildete. Frühere Beobachtungen dieses Sterns hatten die Theorie nahegelegt, dass das Wasser vor allem aus der molekularen Wolke stammt und in Form von Gas regenähnlich auf die Scheibe nieseln könnte, um sich dort zu sammeln.

Hundertmal mehr Wasser in Scheibe als angenommen

Doch nun fanden die Wissenschaftler heraus, dass ein Großteil des entdeckten Wasserdampfes in der rotierenden Scheibe steckt und sich in einem Abstand von 25 Astronomischen Einheiten (AE) um den jungen Stern befindet; das entspricht etwa der Distanz des Planeten Neptun zur Sonne. Die IRAM-Daten beweisen, dass die Menge an Wasser innerhalb der Scheibe von NGC 1333 IRAS4B hundert Mal größer ist, als es Modelle des bisherigen Szenarios vorhersagen – das entspricht damit dem Hundertfachen der in unseren Weltmeeren enthaltenen Wassermenge.

Radiobild des Sterns NGC 1333 IRAS4B, aufgenommen mit dem IRAM-Interferometer. Das Inset links oben zeigt den spektralen Fingerabdruck des Wassermoleküls, das Inset links unten die Verteilung von Wasser innerhalb der protoplanetaren Scheibe. © Ewine van Dishoeck/Jes Jørgensen

„Das Wasser ist sehr wahrscheinlich in einer heißen Schicht direkt über der mittleren Ebene der Scheibe zu finden, wo der Großteil des vorhandenen Sauerstoffs durch chemische Reaktionen in Wassermoleküle eingeschlossen ist“, erklärt die Astronomin Ewine van Dishoeck. „Im Gegensatz zu anderen Szenarien deuten unsere Beobachtungen darauf hin, dass die meisten Wassermoleküle in gefrorenem Zustand in die Scheibe eintreten, bedingt durch den Aufenthalt in der kalten, kollabierenden molekularen Wolke. Die hohen Temperaturen in der Scheibe so nahe an dem jungen Stern sorgen allerdings schnell dafür, dass dieser eisige Mantel verdampft.“

Schweres Wasser als Indiz

„Die Beobachtungen des Wasserdampfes innerhalb der Scheibe haben einen völlig neuen Weg eröffnet, Wasser in jungen Sonnensystemen zu erforschen – komplementär zu den Beobachtungen, die mit Satelliten möglich sind“, erklärt Jes Jørgensen, Hauptautor des Artikels. Nur das IRAM- Interferometer ist derzeit in der Lage, diese überaus schwachen Signale des Wasserisotops einzufangen und in Bilder umzuwandeln. Weil die große Menge von Wasser in der Erdatmosphäre bestimmte Lichtstrahlen verschluckt, braucht es normalerwiese Weltraumtobservatorien wie den Infrarot-Satelliten Herschel, um normales Wasser im Weltall aufzuspüren.

In einem von 500 Wassermolekülen lässt sich allerdings das etwas schwerere Isotop 18-O finden – und Strahlung dieses Wassers schafft es, die irdische Lufthülle zu durchdringen und von den IRAM-Teleskopen geortet zu werden. Da auf der Erde stationierte Teleskope viel größer sind als alle bisher gebauten Satelliten und zusätzlich auch viel schärfer sehen, können Astronomen dank ihrer Hilfe Details eines Sternentstehungsprozesses verfolgen und dabei das vorhandene Wasser genau orten.

Außerdem operiert das Instrument bei Wellenlängen, die es ermöglichen, noch viel tiefer in diese Scheiben hineinzublicken. „Dabei lassen sich auch die physikalischen und chemischen Prozesse studieren, welche die Frühphasen dieser Scheiben entscheidend mitbestimmen und höchst wahrscheinlich auch den Ausgangspunkt für spätere Planetenentstehungen bilden“, so Jørgensen.

Herschel und IRAM gemeinsam

In den nächsten drei Jahren wird der Satellit Herschel viele molekulare Wolken unserer Milchstraße und anderer Galaxien nach normalen Wasservorkommen absuchen. Zusammen mit erdgebundenen Beobachtungen wird es Astronomen auf diese Weise möglich sein, noch genauer zu bestimmen, wo, wie viel und in welcher Phase Wasser in der Entwicklung eines jungen Sterns und seiner Planeten eine entscheidende Rolle spielt. „Der gleichzeitige Zugang zu den leistungsfähigen IRAM- Teleskopen und das Herschel-PACS-Instrument macht das Max-Planck- Institut für extraterrestrische Physik zu einem einzigartigen Umfeld für solche umfassenden Studien zu Wasser in jungen Sonnensystemen“, sagt van Dishoeck.

(Max-Planck-Gesellschaft, 09.02.2010 – NPO)

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