Wenn Elektronen um ein Hindernis herumströmen, können sie sich dahinter beim Zusammenfließen addieren oder auslöschen. Enthält das Hindernis ein Magnetfeld, kann sich dieses Verhalten periodisch im Magnetfeld ändern, Physiker sprechen vom Aharonov-Bohm-Effekt. Dass auch seitlich des Hindernisses liegende Magnetfelder einen Einfluss ausüben, hat jetzt ein internationales Physikerteam entdeckt und berichtet darüber in „Nature Physics“. Eine einleuchtende Erklärung für dieses Phänomen fehlt aber bislang.
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Immer, wenn sich die Wege von Elektronen teilen, weil sie links- und rechtsherum um ein Hindernis herumlaufen und ihren Strom dahinter wieder vereinigen, spielt ihr Wellencharakter die entscheidende Rolle. Hinter dem Hindernis können sie sich addieren oder sogar gegenseitig auslöschen. Man spricht von destruktiver Interferenz. Wenn nun das Hindernis ein Magnetfeld beinhaltet, werden die Wellen – genauer ihre „Phasen“ – verschoben und aus Verstärkung kann Auslöschung werden oder umgekehrt. Das nennt man den seit Jahren bekannten Aharonov-Bohm-Effekt.
Wie Autofahrer im Kreisverkehr
Das Physikerteam aus Holland, Deutschland und Italien um Professor Andreas Wieck von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat nun einen neuen Effekt entdeckt: Sie beschreiben erstmals, dass nicht nur wie beim Aharonov-Bohm-Effekt das von den Elektronen umrundete Magnetfeld zählt, sondern zusätzlich das Magnetfeld, das durch die Fläche der Elektronenbahnen selbst hindurchtritt.
„Es ist wie beim Kreisverkehr“, beschreibt Wieck: „Bislang gingen wir davon aus, dass nur die kreisförmige Grünfläche in der Mitte relevant ist. Jetzt wissen wir aber, dass auch die Straßenbreite, bzw. die Fläche der Straße, eine wichtige Rolle spielt.“ Dadurch, dass Elektronen im Magnetfeld – genau wie Autofahrer – dazu neigen, sich am linken oder rechten Straßenrand „entlangzuhangeln“, gibt es so genannte Randströme, die die mittlere Fläche der Straße einrahmen. „Wahrscheinlich spielt das eine wichtige Rolle für die Erklärung des Effektes“, schätzt Wieck. Eine perfekte Theorie gibt es dafür allerdings noch nicht.
Spezielle Halbleiter
Die wichtige Entdeckung gelang aufgrund spezieller Aluminium-Gallium-Arsenid-Halbleiter, die in Bochum im Ultrahochvakuum durch die so genannte Molekularstrahlepitaxie (MBE) hergestellt wurden. Die Kristalle können in dieser Qualität nur an wenigen Orten der Welt erzeugt werden. Mittels Rasterkraftmikroskopie versahen die Forscher die Halbleiter dann mit Barrieren, die den Elektronenfluss kreisverkehrsförmig einengten.
Dabei liegen die steuernden Kontakte, so genannte In-Plane-Gates, in derselben Ebene wie der Elektronen-Kreisverkehr. Dies ist eine Entwicklung von Wieck, die schon in den verschiedensten Halbleitersystemen eingesetzt wird und zu innovativen integrierten Schaltkreisen führt.
(idw – Ruhr-Universität Bochum, 02.02.2010 – DLO)