Biologie

Tierliebe ist nichts für Einzelgänger

Soziale Kompetenzhypothese durch Untersuchung im Kindergarten bestätigt

Beliebte und sozial gut vernetzte Kinder sind eher zum Streicheln von Tieren und zur Tierliebe bereit als eher isolierte Jungen und Mädchen. Dies hat jetzt eine neue Studie Wiener Wissenschaftler ergeben, deren Ergebnisse im Fachblatt „anthrozoös“ der International Society of Anthrozoology (ISAZ) erschienen sind.

Nicht alle Menschen interessieren sich gleichermaßen für Tiere. Von welchen Faktoren Tierliebe abhängt, diese Frage stellten sich Manuela Wedl und Kurt Kotrschal vom Department für Verhaltensbiologie der Universität Wien. Sie führten dazu eine Studie in einem Kremser Kindergarten durch.

Wird durch Tierkontakt eine geringe soziale Vernetzung mit Menschen kompensiert (soziale Kompensationshypothese), oder suchen – im Gegenteil – gerade sozial gut eingebettete Menschen den intensiven Kontakt mit Tieren (soziale Kompetenzhypothese)? So lautete dabei die Ausgangsfrage des Forscherteams. Teilnehmer der Studie waren 28 Mädchen und 22 Jungen, im Alter von drei bis sieben Jahren, sowie sechs Kaninchen.

Intensität und Qualität des Tierkontakts untersucht

Die Verhaltensbiologen analysierten in ihrer Studie, welche individuellen und sozialen Faktoren die Intensität und Qualität des Tierkontakts von den Kindern bestimmen. „Sozial gut vernetzte Kinder suchten häufigeren Kontakt zu den Kaninchen. Unsere Ergebnisse widersprechen daher der ‚sozialen Kompensationshypothese‘, denn die sozial eher ‚isolierten‘ Kinder nahmen teilweise gar keinen Tierkontakt auf“, erläutert Wedl die Studienresultate.

Auch zwischen den Geschlechtern gab es erwartungsgemäß Unterschiede, so Wedl: „Die Mädchen streichelten die Kaninchen häufiger als die Buben. Bei den Knaben standen eher die ‚technischen‘ Tätigkeiten wie Stall ausmisten und Futter besorgen im Vordergrund. Selbstbewusste und ‚sozial angesehene‘ Buben streichelten die Kaninchen aber auch.“

Videoaufnahmen, Fragebögen und Spielverhaltensanalyse

Wedl setzte quantitative ethologische und soziometrische Methoden für die Studie ein. Neben der Installation einer Videokamera, die festhielt, wer in welcher Form und wie lange mit den Kaninchen interagierte, füllten Pädagogen und Eltern einen Fragebogen bezüglich der Persönlichkeitsstruktur der Kinder und deren familiären Hintergrund – Geschwister, Haustiere etc. – aus. Zusätzlich wurde das Spielverhalten der Kinder beobachtet.

Tiere Mittler zur eigenen Psyche

Weshalb speziell ein Kindergarten als Ort der Studie ausgewählt wurde, erklärt Projektleiter Kotrschal so: „Je jünger die Kinder sind, desto stärker und ‚natürlicher‘ ist auch ihre Begeisterung für Tiere. Man kann sagen, dass uns ein Grundinteresse an Tieren in die Wiege gelegt wird, das sich im Erwachsenenalter dann unterschiedlich ausdifferenziert.“

Und weiter: „Auch wenn unsere Studie die ‚soziale Kompetenzhypothese‘ unterstützt, d.h. sozial gut vernetzte Kinder die meisten und längsten Tierkontakte zeigten, können Ausnahmen nie ausgeschlossen werden. Grundsätzlich sind Tiere wichtige Mittler zur eigenen Psyche und eignen sich deshalb für die institutionelle Pädagogik oder Therapie.“

(idw – Universität Wien, 23.12.2009 – DLO)

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