Archäologie

Uraltes babylonisches Siegel in Ägypten ausgegraben

Neue Erkenntnisse zur asiatischen Herrschaft im Pharaonenland vorgelegt

Das Siegel aus der Zeit des Königs Hammurapi. © Österreichisches Ägyptisches Institut (ÖÄI) Kairo

Wiener Wissenschaftler haben bei Ausgrabungen in Ägypten einen sensationellen Fund gemacht: Sie entdeckten dort ein altbabylonisches Siegel, das vermutlich aus der Zeit des Königs Hammurapi – 1792 bis 1750 v. Chr. – stammt. Dieses belegt, dass die Ferndiplomatie zwischen den Höfen von Ägypten und Altbabylonien bereits 150 Jahre früher begonnen hat als bisher gedacht.

Im 17. Jahrhundert v. Chr. geriet Ägypten in die Abhängigkeit einer fremden Dynastie aus Vorderasien: Die Hyksos brachten vom nordöstlichen Nildelta aus ganz Ägypten unter ihre Kontrolle. Die Hauptstadt dieser Fremddynastie wurde von Professor Manfred Bietak, Ägyptologe an der Universität Wien, bereits 1966 entdeckt. 2005 fanden Bietak und sein Team schließlich einen ausgedehnten Palastbezirk der Hyksos-Zeit. Bei ihrer gerade beendeten Herbstgrabung stießen sie nun auf ein Siegel aus der altbabylonischen Zeit.

Ausgrabungen auf dem Ruinenhügel Tell el-Dab’a

Bisher ist nicht viel über Herkunft, Kultur- und Ereignisgeschichte der Hyksos in Ägypten bekannt. Klar ist: Sie regierten zwischen 1640 und 1530 v. Chr. von ihrer Hauptstadt Auaris im östlichen Nildelta aus Ägypten, bis die Pharaonen der 17./18. Dynastie die Hyksos besiegten und die Hauptstadt eroberten.

Bietak arbeitet gemeinsam mit Irene Forstner-Müller und einem großen Team seit 2005 an der Freilegung dieses vorderasiatischen Palastes des Hyksos Chian auf einem Ruinenhügel namens Tell el-Dab’a im Nordosten Ägyptens.

10.000 Quadratmeter große Palastanlage

Bei den diesjährigen Untersuchungen konnte ein weitreichendes Areal der circa 10.000 Quadratmeter großen Palastanlage freigelegt werden. Zur Überraschung der Forscher entspricht der Palast nicht dem Plan eines ägyptischen Palastes, sondern reiht sich architektonisch unter die Königspaläste aus Syrien ein – dem Ursprungsland der Hyksos.

Bereits im Frühjahr fanden die Wissenschafter in der Füllung des Palastbrunnens der mittleren bis späten Hyksoszeit das Fragment einer babylonischen Keilschrifttafel aus den letzten Dezennien des Altbabylonischen Reiches (1600–1550 v. Chr.). „Es handelte sich dabei um das bisher älteste Keilschriftdokument in Ägypten und belegt die unerwartet weit reichenden diplomatischen Beziehungen der Dynastie der Hyksos“, erklären Bietak und Forstner-Müller.

Siegel aus der Zeit des Königs Hammurapi

Bei Grabungen im Oktober und November dieses Jahres kam nun ein weiteres interessantes Keilschriftdokument 500 Meter westlich des Palastes aus einer wesentlich späteren Grube in umgelagerter Situation zum Vorschein: Es handelt sich um ein Siegel, das in die altbabylonische Zeit datiert und einen hohen babylonischen Beamten, vermutlich aus der Zeit des Königs Hammurapi, nennt. Es ist denkbar, dass dieser Fund aus einem darunter befindlichen Tempelbezirk stammt, der mit dem Hyksospalast zeitgleich ist.

Die beiden Keilschriftdokumente sind eine unerwartete Quelle, die beweist, dass schon viel früher als bisher gedacht eine Briefdiplomatie und ein Geschenkaustausch zwischen Ägypten und Altbabylonien stattfand. „Es sieht derzeit so aus, als ob die Hyksos das Akkadische als diplomatische lingua franca und die Ferndiplomatie in Ägypten lange vor der Zeit des Neuen Reiches eingeführt haben“, so die Ägyptologen.

Weitere Grabungen geplant

Im Frühjahr 2010 wird die Grabung im Palast fortgesetzt. „Wir hoffen auf weitere Funde und Befunde, die Licht auf diese – aus schriftlichen Dokumenten nur sehr schütter erschlossenen – Zeit werfen können“, so die beiden Grabungsleiter abschließend.

(Universität Wien, 18.11.2009 – DLO)

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