Erst das Ergrünen der Sahara ermöglichte die Ausbreitung des frühen Menschen „Out of Africa“. Den zeitweiligen Wandel des trockenen nordafrikanischen Klimas zu mehr Niederschlag hat jetzt ein deutsch-niederländisches Forscherteam anhand von Meeresablagerungen belegt. Wie sie in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) berichten, bildete damit die Sahara während zweier Feuchtphasen kein unüberwindliches Hinernis mehr und konnte von unseren Vorfahren auf ihrem Weg nach Europa und Asien durchwandert werden.
In der Sahara werden große Staubmengen aufgewirbelt und mit dem Wind auf den Atlantik hinaus getragen, wo sie sich am Meeresboden absetzen. Auf einer Expedition mit dem Forschungsschiff METEOR gewannen Forscher des Zentrums für Marine Umweltwissenschaften in Bremen (MARUM) vor der Küste des westafrikanischen Staates Guinea Sedimentkerne, die Staubablagerungen aus der Sahara enthalten. „Uns war am Anfang gar nicht klar, was für einen Schatz wir da vor uns hatten“ erinnert sich Stefan Mulitza vom MARUM. Denn einer dieser Bohrkerne enthielt auf einer Länge von zehn Metern kontinuierliche Staubablagerungen der letzten 200.000 Jahre.
Für die Wissenschaftler stellen die Sedimente ein Archiv dar, das Auskunft gibt über Klima und Vegetation in Nordafrika. Aufgrund geochemischer Untersuchungen konnten die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit Kollegen vom niederländischen Meeresforschungsinstitut NIOZ Indizien für drei Feuchtphasen in der Sahara identifizieren: vor 120.000 bis 110.000 Jahren, vor 50.000 bis 45.000 Jahren und vor 10.000 bis 8.000 Jahren.
Feuchtzeiten stimmen mit Migrationsphasen überein
Während dieser feuchten Klimaepisoden ergrünte die Sahara; Wasserlöcher, Tümpel und Seen waren gut gefüllt. All das begünstigte die Wanderungsbewegungen des frühen Menschen. Die beiden frühen Feuchtphasen fallen denn auch mit jenen Zeiträumen zusammen, in denen Homo sapiens, der sich südlich der Sahara entwickelt hatte, den afrikanischen Kontinent über den Nahen Osten verließ. Dass die zweite Migrationsphase vor etwa 50.000 Jahren ebenso wie die erste mit einer Feuchtphase in der Sahara zusammen fällt, war bislang von Seiten der Wissenschaft nur vermutet worden. Mit den geologischen Daten aus dem Bohrkern gelang es nun erstmals, diese Vermutung zu beweisen.
Fossile Blattwachse als Indiz
Die MARUM-Wissenschaftler analysierten chemische Verbindungen, die in Blattwachsen enthalten sind, und mit dem Staub im Meer abgelagert wurden. „Die Pflanzen produzieren diese Wachse, um ihre Blätter zu schützen. Daher handelt sich um sehr widerstandsfähige Stoffe, die Jahrtausende überstehen“, erklärt Dr. Enno Schefuß. Der Geochemiker nutzt die Informationen aus den Blattwachsen, um zu unterscheiden, wann in einer feuchten Sahara Bäume und Sträucher wuchsen bzw. wann sie eher der heutigen, dürren Wüstenlandschaft glich.
Saharaklima beeinflusst auch Umwälzpumpe im Nordatlantik
Anhand der Informationen aus dem Bohrkern konnten die Wissenschaftler auch die Strömungsbedingungen im Ozean rekonstruieren. Entscheidend ist dabei die „Umwälzpumpe“ im Nordatlantik. Sie fördert sehr salziges, warmes Oberflächenwasser aus den Tropen gen Norden. Dort kühlt es ab, wird dadurch schwerer, sinkt in tiefere Ozeanstockwerke ab, um dann Richtung Äquator zurückzufließen.
Das Forscherteam fand heraus, dass die Umwälzpumpe im Nordatlantik die regionalen Wetterlagen in der Sahara beeinflusst. Je stärker sie arbeitet, desto mehr Niederschläge fallen über Nordafrika. Daher liegt die Vermutung nahe, dass Änderungen der globalen Strömungsbedingungen großen Einfluss auf die Migrationsphasen des Menschen aus Afrika hatten.
(MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen, 11.11.2009 – NPO)