Medizinisch eingesetzte Nanopartikel können die DNA schädigen, ohne dafür in die Zellen eindringen zu müssen. Das zeigt eine jetzt in „Nature Nanotechnology“ veröffentlichte Studie an in Kultur gehaltenen Zellen. Sie entlarvte vermeintlich schützende, körpereigene Gewebebarrieren dabei sogar als entscheidende „Mittäter“ bei diesen Schädigungen.
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Nanopartikel, Teilchen, die nur wenige Nanometer Durchmesser besitzen, sind heute bereits in verschiedensten Alltagsprodukten, vom Deo bis zur Sonnenmilch enthalten. Ein großes Anwendungsgebiet ist aber auch die Medizin, wo die winzigen Partikel als Fähren für Wirkstoffe oder als Marker bei bildgebenden Verfahren eingesetzt werden. Ihr Vorteil: Sie können auch Barrieren durchdringen, die normalen Teilchen verschlossen bleiben, wie beispielsweise die Blut-Hirn-Schranke. Doch genau dies birgt auch Risiken.
Kann eine Gewebeschranke schützen?
Was genau die Nanopartikel bewirken können, haben nun Patrick Case und seine Kollegen von der Universität von Bristol genauer untersucht. Sie verglichen die Auswirkungen auf Zellkulturen, die den Nanopartikeln direkt oder indirekt ausgesetzt waren. Dazu züchteten die Forscher zunächst ein mehrschichtiges Gewebe aus menschlichen Zellen im Labor, um so eine der körpereigenen Barrieren nachzubilden.
Dann gaben sie auf eine Seite dieser Barriere Kobalt-Chrom-Nanopartikel in das Medium – solche Teilchen entstehen beispielsweise im Laufe der Zeit durch Abnutzung von künstlichen Knochenimplantaten – und untersuchten die Veränderungen an Zellen auf der anderen Seite der Barriere. Als vergleich versetzten sie auch eine Zellkultur der gleichen Zellen direkt mit den Nanopartikeln, ohne den Schutz einer Barriere.
Zellschäden auch hinter der Barriere
Das Ergebnis war überraschend – und besorgniserregend: Die Zellen hinter der schützenden Barriere trugen ähnliche Schädigungen davon wie die direkt den Nanopartikeln ausgesetzten Zellen. In einem weiteren Versuch stellte sich heraus, dass der Schaden sogar größer war als in einem Vergleichsversuch, bei dem eine poröse Membran die Zellbarriere ersetzte. Offenbar spielt die Barriere selbst eine wichtige Rolle im destruktiven Prozess.
Destruktive Signalstoffe
Aber wie? Das belegten Case und seine Kollegen in weiteren Versuchen. Es zeigte sich, dass die Nanopartikel nicht durch die Barriere hindurch wanderten oder transportiert wurden. Stattdessen lösten sie in der Zellbarriere die Freisetzung bestimmter Signalmoleküle aus, die dann zu den Zellen hinter der Schranke weiter transportiert wurden. Sie waren es dann, die die schädigenden Prozesse in Gang setzten.
Diese Ergebnisse zeigen, dass die Auswirkungen von Nanopartikeln offenbar über das bisher bekannte oder postulierte hinaus gehen. Insbesondere in der Nanomedizin sollten daher, so die Forscher, die direkten und indirekten Folgen noch besser erforscht werden, bevor solche Behandlungsformen eingesetzt werden.
(Nature, 09.11.2009 – NPO)