Hirschgulasch, Wildschweinbraten, Rehragout – im Herbst hat Wildfleisch Saison. Seit weltweit immer mehr gentechnisch veränderter Mais angebaut wird, ist vielen Verbrauchern der Appetit allerdings etwas vergangen. Schließlich wusste man bislang nicht, wie Wildtiere transgenen Mais verdauen und ob sich Reste etwa im Fleisch ablagern. Münchener Wissenschaftler können diese Sorge jetzt erheblich entkräften – und die Angst vor einer ungewollten Ausbreitung von gentechnisch verändertem Mais per Wildtierkot auch.
Vor einigen Wochen konnte man es noch beobachten: Ganze Wildschwein-Großfamilien wühlen im Frühherbst auf dem Maisfeld und lassen sich die Kolben schmecken. Für heimische Wildtiere ist Mais eine energiereiche Delikatesse, daher kommt er auch gezielt bei der Winter- und Ablenkfütterung zum Einsatz.
Wie gefährlich ist Genmais?
In Zeiten, in denen die Anbaufläche von Genmais auf der ganzen Welt stetig zunimmt, diskutieren Biologen aber eine heiß umstrittene Frage: Was passiert, wenn ein Wildschwein im transgenen Maisfeld nascht oder wenn Damhirsche im Winter mit importiertem Genmais gefüttert werden? Molekularbiologen der Technischen Universität München (TUM) können darauf jetzt die Antwort geben.
Sie haben im Detail untersucht, wie Damhirsche und Wildschweine den Genmais verstoffwechseln und ob über ihren Kot womöglich keimfähiges transgenes Saatgut ungewollt in der Landschaft verteilt wird. Die Wissenschaftler um Professor Heinrich H.D. Meyer vom Lehrstuhl für Physiologie fütterten dazu im Freigehege lebende Damhirsche und aufgestallte Wildschweine jeweils über mehrere Wochen hinweg gezielt mit gentechnisch verändertem Häcksel- und Körnermais.
Die zugehörige Vergleichsgruppe bekam über den gleichen Zeitraum dagegen konventionellen Mais zu fressen. Währenddessen sammelten die Forscher Kotproben bei jeder Tiergruppe, um ihn später auf Keimfähigkeit zu analysieren.
Jede Menge Proben
Nach Abschluss des Versuchs nahmen die TUM-Physiologen bei allen Wildtieren mehrere Proben: aus dem Verdauungstrakt, aus sämtlichen inneren Organen, Blut sowie aus dem Muskelfleisch und anderen Geweben. Dann suchten sie mithilfe von immunologischen Verfahren und der Polymerasekettenreaktion nach transgenen Komponenten.
Fündig wurden sie nur im Verdauungstrakt der Genmais-gefütterten Wildschweine: Hier waren kleine Bruchstücke des in den Mais eingeschleusten Gens nachweisbar. Außerhalb des Darms fanden die Forscher allerdings nirgends eine Spur, weder im Gewebe von Wildschweinen noch bei den Damhirschen. Niemand muss also nach Angaben der Forscher Sorge haben, wenn er sich ein Wildgericht schmecken lässt: „Das Fleisch der untersuchten Tiere war in jedem Fall frei von transgenen Komponenten“, so Meyer.
Verdauung nicht bei allen Tierarten gleich gründlich
Öko-Landwirte und Naturschützer machen sich jedoch eher um eine unkontrollierte Ausbreitung von Genmais über den Kot von Wildtieren Gedanken. Doch auch hier kann Meyer weitgehend Entwarnung geben. Sein Team untersuchte die gesammelten Kotproben auf intakte und keimfähige Maiskörner.
Nur eine verschwindend geringe Zahl übersteht demnach überhaupt die Maul-Magen-Darm-Passage: Beim Wildschwein kamen gerade einmal noch 0,015 Prozent der konventionellen und 0,009 Prozent der transgenen Maiskörner unbeschädigt wieder ans Licht. Nur ein einziges Maispflänzchen konnte danach unter standardisierten Laborbedingungen wachsen, ein weiterer Keimling zeigte ein abnormes Wachstum. Die Damhirsche setzen dem Mais sogar noch mehr zu: In ihrem Kot wurde kein einziges intaktes und damit keimfähiges Maiskorn mehr gefunden.
Die Verdauung funktioniert aber nicht für alle Saaten und bei allen Tierarten gleich gründlich, wie die Forscher ebenfalls zeigen konnten. Sie hatten alle untersuchten Tiergruppen zusätzlich mit konventionellem Raps gefüttert. Im Wildschwein-Kot fanden sie kein einziges intaktes Rapskorn – bei den Damhirschen hingegen mehrere, von denen 13,6 Prozent sogar noch keimfähig waren. „Das zeigt, dass man solche Studien für alle gentechnisch veränderten Pflanzen separat durchführen muss“, fasst Meyer zusammen.
(idw – Technische Universität München, 27.10.2009 – DLO)