Um Fruchtfliegen beider Geschlechter unwiderstehlich für männliche Artgenossen zu machen, reicht es aus, nur ein einziges Pheromon auszuschalten. Der fehlende Botenstoff lässt zudem auch die Artschranken fallen und macht die so behandelten Tiere hyperattraktiv auch für artfremde Männchen. Die jetzt in „Nature“ veröffentlichte Studie gibt damit neue Einblicke in die Rolle der chemischen Botenstoffe für die Geschlechts- und Arterkennung.
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Eigentlich gelten Pheromone als die Lockstoffe schlechthin: Diese chemischen Botenstoffe sorgen für die Kommunikation zwischen Arten oder aber zwischen den Geschlechtern. Als Sexualpheromone verraten sie beispielsweise nahenden Männchen, wo ein Weibchen ist und ob es gerade empfängnisbereit ist. Aber es geht offenbar auch ganz ohne, wie ein französisch-kanadisches Forscherteam entdeckte.
Pheromon-Zellen zerstört
Joel Levine von der Universität von Toronto und Nicolas Gompel vom Entwicklungsbiologischen Institut im französischen Marseille führten in Versuche an der Fruchtfliege Drosophila melanogaster durch, bei denen sie gentechnisch Pheromon-produzierende Zellen in der Kutikula der Tiere zerstörten. Diese so genannte Oenozyten sind für die normale chemische Kommunikation der Fruchtfliegen entscheidend.
Fehlende Pheromone lassen alle Barrieren fallen
Zum großen Erstaunen der Forscher wurden die solchermaßen ihrer Pheromone beraubten Tiere jedoch keineswegs von ihren Artgenossen ignoriert – ganz im Gegenteil: Sowohl die Männchen als auch die Weibchen ohne den normalen Duft übten stattdessen eine offenbar geradezu unwiderstehliche Anziehungskraft auf männliche Fliegen aus. Sogar Männchen anderer Fruchtfliegenarten wurden von den hyperattraktiven Versuchsfliegen beider Geschlechter angelockt.
Ein Pheromon ausschlaggebend für sexuelle Identität
Nach Ansicht der Wissenschaftler belegt dies, dass schon ein einzelnes Pheromon bei den Fruchtfliegen offenbar ausreicht, um die sexuelle Identität der Tiere an Artgenossen zu kommunizieren. Fehlt es, dann fallen auch alle Barrieren, die sonst die Paarung zwischen verschiedenen Arten verhindern. In weiteren Versuchen gelang Levine und Co. auch der umgekehrte Fall: Wenn sie die Oenozyten-losen Fliegen mit einem synthetischen Pheromon versahen, dann sank deren Attraktivität wieder auf das normale Maß ab. Auch die artfremden Fliegenmännchen zeigten dann kein Interesse mehr.
(Nature, 15.10.2009 – NPO)